2016-06-18 07:00:00

EU-Leitlinie zu Konfliktmineralien: Aus christlicher Sicht lax


Die jüngst erzielte Einigung über neue EU-Richtlinien zu sogenannten Konfliktmineralien läuft dem katholischen Lehramt zuwider. Vor genau einem Jahr veröffentlichte Papst Franziskus seine Umweltenzyklika „Laudato Si“, in der er auf einen achtsamen Umgang mit Bodenschätzen und Menschen drängt. Kurz vor dem Jahrestag einigten sich die EU-Kommission, das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten auf neue Leitlinien zum Handel mit Konfliktmineralien. Zinn, Tantal, Gold, Wolfram, Coltan und andere dienen in vielen Teilen der Welt der Finanzierung von Warlords und Kriminellen. 

Christliche Menschenrechtsorganisationen sind aus vielen Gründen unzufrieden mit der geplanten neuen EU-Verordnung. Zunächst: sie erfasst keineswegs alle Unternehmen, sondern lediglich solche, die Metalle importieren, abbauen oder schmelzen. „Die verarbeitende Industrie ist davon komplett verschont worden“, kritisiert Isabell Ullrich, die bei der „Christlichen Initiative Romero“ die Kampagne „Stop Mad Mining“ organisiert:

„Jetzt muss man sich aber überlegen: Wie kommen Metalle nach Europa und Deutschland? Nämlich in Form von Handys, Laptops oder auch als Autos. Und all die verarbeitende Industrie ist komplett herausgenommen. Sie ist überhaupt nicht verpflichtet, in irgendeiner Form dafür zu sorgen, dass in der Lieferkette die Menschenrechte eingehalten werden.“

Beispiele für schwerste Menschenrechtsverletzungen im Zug mit Rohstoffabbau gibt es leider viele, vor allem außerhalb des wohlhabenden Kontinents Europa.

„Zum Beispiel in der demokratischen Republik Kongo oder Kolumbien finanzieren sich bewaffnete Gruppen, die foltern, vergewaltigen und Kindersoldaten rekrutieren durch diesen Abbau von Rohstoffen. Und das muss einfach flächendeckend unterbunden werden in allen Ländern. Und das muss so eine verbindliche Verordnung der EU leisten, auch für die verarbeitende Industrie also Laptops und Autos. Da dürfen solche Konfliktmineralien auch nicht drinstecken. Das fordern wir.“

Problematisch an der EU-Vereinbarung zu Konfliktmineralien ist aus Sicht der christlichen Organisationen auch die Beschränkung auf nur vier Metalle, Wolfram, Tantal, Zinn und Gold. Denn auch der Handel mit anderen Rohstoffen kann Konflikte finanzieren oder grundlegende Menschenrecht verletzen. Isabell Ullrich:

„Das fängt bei den ganz großen Metallen an, die vor allem in Deutschland in rauen Mengen verarbeitet und produziert werden: nämlich Stahl. Und zur Stahlgewinnung braucht man sehr viel Kohle. Da gibt es sehr große Menschenrechtsverletzungen. Wir haben gerade erst in unserer Kampagne „Stop Mad Mining“ darauf hingewiesen, dass in Mosambik für den Abbau von Kohle massenweise Leute umgesiedelt werden in Gebiete, die überhaupt nicht fruchtbar sind und wo sie keine Landwirtschaft mehr betreiben können. So wird ihnen die Lebensgrundlage geraubt. Und auf Kohle und andere Rohstoffe bezieht sich die Richtlinie überhaupt nicht.“

Die christlichen Menschenrechtsorganisationen, darunter etwa auch Misereor, fühlen sich von den neuen Leitlinien zu Konfliktmineralien regelrecht übergangen, schildert Ullrich. Allein „Stop Mad Mining“ hatte 40.000 Unterschriften gesammelt und sie nach Brüssel geschickt. „Wir haben gesagt: Wir Europäer möchten diese Sorgfaltspflichten und dass die Unternehmen diese einhalten. Und deswegen ist es für uns ein Rückschlag, am Ende eine so laxe Verordnungen zu bekommen.“

Eine praktische Nachfrage an die Fachfrau noch: Was heißt nachhaltiges Konsumieren mit Blick auf Konfliktmineralien, was kann jeder tun, um den Handel mit diesen hochproblematischen Rohstoffen nicht noch weiter anzuheizen?

„Am allerbesten ist es, das Handy so lange wie möglich zu nutzen und den Konsum zu reduzieren. Wenn das nicht geht, dann auf eine möglichst faire Alternative. Da gibt es das Fairphone, aber mittlerweile auch schon andere. Oder wenigstens auf ein gebrauchtes Handy zurückgreifen. Mit Apple kann man leider nicht viel richtig machen, genauso wenig aber auch mit Samsung oder den anderen kommerziellen Anbietern, die sich überhaupt nicht den Menschenrechten verschrieben haben.“ 

(rv 18.06.2016 cz/gs)








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