2016-06-14 09:37:00

Italien: Die Michaelsgrotte auf dem Monte Gargano


Das Grab des heiligen Franziskus in Assisi, die Ganzkörperreliquie von Pater Pio in San Giovanni Rotondo oder die Heiligen Berge im Piemont und in der Lombardei – Italien bietet unzählige Pilgerorte. Weniger bekannt ist allerdings die Michaelsgrotte auf dem Monte Gargano in Apulien. Der Legende nach soll gegen Ende des 5. Jahrhunderts hier der Erzengel Michael erschienen sein. Doch was macht diese unterirdische Kirche so besonders? Radio Vatikan hat mit dem Direktor des Heiligtums, Pater Ladislao Suchy, gesprochen:

„Das ist die einzige Kirche, die nicht durch menschliche Hand gesegnet worden ist, sondern durch einen Gesandten Gottes, durch den heiligen Michael. Wir wissen alle, dass der heilige Michael nur ein Erzengel, ein Geist ist. Er hat keinen Körper wie wir Menschen. Doch so wie der heilige Erzengel Gabriel Maria erschienen ist und ihr die Empfängnis des Erlösers, Jesus Christus, verkündete, so hat auch der heilige Michael stets Fleisch angenommen, wenn er den Menschen erschien. Im Alten Testament finden wir das oft. Man denke nur an die Erscheinung von Josua oder an die Patriarchen. Sie alle begegneten dem heiligen Michael, der sich ihnen stets als Fürst der Himmelsscharen vorstellte.“

Zahlreiche Päpste und Heilige haben das Michaelsheiligtum auf dem Gargano schon besucht, darunter Thomas von Aquin, Franz von Assisi, Katharina von Siena und zuletzt der heilige Johannes Paul II. Gemeinsam ist allen, dass sie neben dem Erzengel Michael vor allem die Gottesmutter verehrten. Viele dem Erzengel geweihten Kirchen wurden im Mittelalter zu Marienkirchen. Der Erzengel Michael und Maria – das passt, findet Pater Ladislao:

„Denn in beiden Fällen wird die Dienstbarkeit des Menschen und aller Geschöpfe gegenüber Gott zum Ausdruck gebracht: dass Gott stets im Zentrum ist und das wir Seine Geschöpfe sind, die von Ihm alles erhalten. Und der Mensch darf sich, wie schon Maria durch ihr Fiat, ganz dem Willen Gottes unterstellen. Durch ihre Worte „Siehe, ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe, wie du gesagt hast“ ist sie sozusagen  Mit-Erlöserin der Welt geworden. Ähnlich ist es mit dem heiligen Michael: Stets hilft er den Menschen bei der eigenen Erlösung wie auch der Erlösung aller Menschen – mit der Demut der Engel, die bei Gott sind, ihn anbeten und sich freuen, weil sie bei Ihm die ganze Fülle des Glücks gefunden haben.“

Dennoch: Einen richtigen Pilgeransturm kann man auf dem Monte Gargano nicht unbedingt verzeichnen. Woran liegt das?

„Das Michaelsheiligtum ist in den letzten Jahrhunderten etwas in Vergessenheit geraten, vor allem nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, als einige theologische Kreise oder bestimmte Bibelwissenschaftler die Existenz der Engel zu leugnen begannen. Das war eine sehr schmerzhafte Phase in der Geschichte der Kirche. Obwohl es auch heute einige Stimmen gibt, die Engel als poetische Figuren oder höchstens als Teil der biblischen Literatur erkennen, die mit der Realität nichts zu tun haben. Und das ist nicht wahr. Und die heutige Theologie ist da zum Glück auch anders gesinnt. Das haben wir vor allem den zahlreichen Katechesen des heiligen Johannes Paul II. zu verdanken, der uns damit eine wundervolle Ausarbeitung über die Lehre von Engeln und von Gott hinterließ; Gott, der sowohl die sichtbare als auch die unsichtbare Welt geschaffen hat. Hier spielen die Engel eine sehr wichtige Rolle und unter ihnen besonders Erzengel Michael. Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament tritt er als Beschützer des auserwählten Volkes und der Kirche auf.“

Der Besuch in dem Michaelsheiligtum sei etwas Besonderes, weil „sein Wesen greifbar“ werde und zwar geistig.

„Und das ist nicht einfach nur eine emotionale Erfahrung. Wenn jemand diesen Ort oft aufsucht, wird er innerlich berührt. Der heilige Michael macht also sein Versprechen wahr, dass alle, die hierher pilgern, im Geist und Herzen geheilt werden. Deswegen vollbringt der heilige Michael hier auch öfter innere als äußere Wunder. Viele Wandlungen des Herzens sind hier schon geschehen. Deshalb hat auch der heilige Pater Pio die Menschen ermutigt, erst die Michaelsgrotte aufzusuchen, ehe sie bei ihm die Beichte ablagen. Um eben mit der Hilfe des heiligen Michael die eigene Lebenssituation reflektieren zu können. Das Pilgern heute ist eine Fortsetzung des Pilgerns im 5., 6., 7. Jahrhundert. Ganze Menschenmassen kommen hierher. Darunter sind auch oft Menschen, die der Kirche fern sind und an nichts glauben. Hier widerfahren ihnen Wunder. Eine „innere Erleuchtung“ sozusagen. Ab hier beginnt für viele oft ein neues Leben: ein Leben auf der Suche nach Gott, der Wahrheit und Seiner Liebe.“

(rv 14.06.2016 mk)








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