2016-06-13 12:38:00

Papst: „Den Hunger entbürokratisieren“


Den Hunger „entbürokratisieren“, das Elend „entnaturalisieren“: Papst Franziskus hat bei seinem ersten Besuch beim Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) in Rom, an diesem Montag, davor gewarnt, sich an die Bilder des Hungers in der Welt zu gewöhnen. Franziskus sprach zunächst zu den Teilnehmern Jahresversammlung des Exekutivrats des Welternährungsprogramms (WFP), um später im Garten der Anlage die Mitarbeiter der Organisation mit ihren Familien zu treffen.

Die Informationsflut der globalisierten Medien bringe einem heute mehr denn je das Leid in der Welt nahe, berge aber auch das Risiko der Abstumpfung, warnte Franziskus in seiner Rede. Das Elend habe immer ein Gesicht und dürfe nicht zu einer bloßen Nachricht oder einer Zahl verkommen und „bürokratisiert“ werden.

„Es hat das Gesicht eines Kindes, es hat das Gesicht einer Familie, es hat das Gesicht von Jugendlichen und von alten Menschen. Es nimmt Gestalt an im Mangel an Möglichkeiten und Arbeit für viele Menschen, es nimmt Gestalt an in Zwangsmigrationen, verlassenen oder zerstörten Häusern. Wir dürfen den Hunger so vieler nicht „naturalisieren“; es ist uns nicht erlaubt zu sagen, dass ihre Situation das Ergebnis eines blinden Schicksals ist, angesichts dessen wir nichts tun können. Wenn das Elend aufhört, ein Gesicht zu haben, können wir der Versuchung erliegen, dass wir anfangen, über „den Hunger“, „die Ernährung“, „die Gewalt“ zu sprechen und zu diskutieren und dabei das konkrete, wirkliche Subjekt auszublenden, das weiter an unsere Türen klopft. Wenn die Gesichter und die Geschichten fehlen, beginnen die Leben, sich in Zahlen zu verwandeln, und so laufen wir allmählich Gefahr, den Schmerz der anderen zu bürokratisieren.“

Der Mangel an Lebensmitteln heute, im 21. Jahrhundert, sei nichts Natürliches, sondern er sei auf eine egoistische und schlechte Verteilung der Ressourcen zurückzuführen, auf eine „Kommerzialisierung“ und Verschwendung der Lebensmittel. Aus einer Gabe für die ganze Menschheit hätten wir ein Privileg weniger gemacht und somit Ausschließung erzeugt. „Der Konsumismus, der unsere Gesellschaften durchdringt, hat uns dazu geführt, uns an den Überfluss und die tägliche Verschwendung von Lebensmitteln zu gewöhnen, und manchmal sind wir nicht einmal mehr fähig, ihren eigentlichen Wert zu schätzen, der über ihre bloß wirtschaftlichen Parameter hinausgeht. Dennoch wird es uns gut tun, uns daran zu erinnern, dass die Nahrung, die man verschwendet, gleichsam vom Tisch des Armen, von dem, der Hunger hat, gestohlen ist.“

Anstatt die Krisen und Konflikte unserer Zeit mit Worten zu lösen, erhielten Waffen ein „ungewöhnliches Übergewicht“ und behinderten die humanitäre Hilfe.

„So stehen wir einem eigenartigen und widersinnigen Phänomen gegenüber: Während Hilfen und Entwicklungspläne von verwickelten und unverständlichen politischen Entscheidungen, abwegigen ideologischen Ansichten oder unüberwindlichen Zollschranken behindert werden, gilt das nicht für die Waffen. Ihre Herkunft ist gleichgültig; sie kursieren mit einer großspurigen und nahezu absoluten Freiheit in vielen Teilen der Welt.“

Auf diese Weise sind es die Kriege, die ernährt würden, nicht aber die Menschen. Franziskus verwies auch auf das Mittel des Hungers als Kriegswaffe, wie es zum Beispiel in Teilen Syriens zu beobachten ist. Darum sei es dringend notwendig, alles zu entbürokratisieren, was verhindert, dass die Pläne für humanitäre Hilfen ihre Ziele erreichen. Dafür müssten die Politiker aller Mitgliedsländer der Vereinten Nationen an einem Strang ziehen, sodass das Welternährungsprogramm befähigt werde, nachhaltige Projekte und langfristige Entwicklungsprogramme zu fördern. Es gehe auch darum, Abhängigkeiten der armen Länder zu beseitigen und die örtlichen Gemeinschaften zu stärken. Franziskus ermutigte die FAO-Mitarbeiter, nicht müde zu werden, sondern weiterhin mit Begeisterung zu arbeiten und das Träumen von einer besseren Welt nicht aufzugeben. Auch die katholische Kirche habe die Priorität des „Null Hunger“ und wolle alle Anstrengungen dafür unterstützen.

(rv 13.06.2016 cz)








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