2016-06-02 16:02:00

Papstmeditation für Priester, Teil drei: Feldlazarett statt Privatklinik


Um die Werke der Barmherzigkeit kreisten die Gedanken von Papst Franziskus in seiner dritten Meditation für Priester von diesem Donnerstag. Er hielt sie in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern. Auf eine Formulierung des hl. Ignatius von Loyola gestützt schlug er vor, „das Evangelium so „zu hören und zu verkosten“, dass es uns „sensibel macht für das Leben“. So, dass wir beim Rausgehen dann tatsächlich „die Rufe des Bartimäus hören“ und wie Jesus „den starken Geruch des Elends wahrnehmen – in Feldlazaretten, in Zügen und Kähnen voller Menschen“.

Das mit den Kähnen klang wie eine Anspielung auf die stets präsente Flüchtlingskrise unserer Tage: Tausende von Verzweifelten versuchen auch in diesen Stunden, über das Mittelmeer von Libyen aus nach Europa zu gelangen. Viele ertrinken bei dem verzweifelten und lebensgefährlichen Unterfangen. Ein Drama, das Franziskus immer wieder zur Sprache bringt.

„In der Kirche hatten und haben wir vieles, was nicht sehr gut ist, und viele Sünden; doch darin, den Armen mit den Werken der Barmherzigkeit zu dienen, sind wir als Kirche immer dem Heiligen Geist gefolgt, und unsere Heiligen haben es auf sehr kreative und wirkungsvolle Weise getan. Die Liebe zu den Armen ist das Zeichen gewesen, das Licht, das die Menschen veranlasst hat, Gott den Vater zu preisen. Unsere Leute wissen das zu schätzen: den Priester, der sich um die Armen und die Kranken kümmert, der den Sündern vergibt, der geduldig unterweist und korrigiert…“

Priester sollten Gott darum bitten, ihnen nicht nur punktuell, sondern „in allen Aspekten ihres Lebens“ Barmherzigkeit zu erweisen. Und dass sie diese Barmherzigkeit genauso umfassend weiterschenken könnten. „Barmherzig sein ist nicht nur eine Wesensart, sondern die Wesensart. Es gibt keine andere Möglichkeit, Priester zu sein.“

Pastoralpläne könnten noch so gut ausgetüftelt sein – wenn in ihnen das Element der Barmherzigkeit fehle, dann funktionierten sie nicht. „Und manche merken nicht, warum es nicht funktioniert, und zerbrechen sich den Kopf, indem sie nach einem neuen, zigsten Pastoralplan suchen, während man doch einfach – ohne in Einzelheiten gehen zu müssen – sagen könnte: Es funktioniert nicht, weil ihm die Barmherzigkeit fehlt. Wenn er nicht gesegnet ist, dann weil ihm Barmherzigkeit fehlt. Es fehlt jene Barmherzigkeit, die mehr zu einem Feldlazarett gehört als zu einer Luxusklinik...“

„Feldlazarett“ ist ein wichtiger Begriff für das Denken des Papstes. In seinem ersten programmatischen Interview mit Jesuitenzeitschriften forderte er im Herbst 2013, die Kirche müsse wie ein „Feldlazarett“ sein und Wunden verbinden, ohne lange zu fackeln.

Ausführlich kam Franziskus dann auf die Begegnung Jesu mit der Ehebrecherin zu sprechen, von der das Johannesevangelium erzählt. Jesus öffne der Sünderin bei diesem Aufeinandertreffen „Räume“: einen „Raum der Nicht-Verurteilung“, einen „Freiraum“, um „ein freies Nein zur Sünde zu sagen“.

„Dieses Wort ,Sündige nicht mehr´ ist nicht etwas Selbstverständliches. Der Herr sagt es ,gemeinsam mit ihr´; er hilft ihr, in Worte zu fassen, was sie selbst empfindet, dieses freie ,Nein´ zur Sünde, das wie das ,Ja´ Marias zur Gnade ist... Darum räumt der Herr ihr nicht nur den Weg frei, sondern er bringt sie auf den Weg, damit sie aufhört, ,Objekt´ des Blickes anderer zu sein, und selbständig handelndes ,Subjekt´ ist. Das ,nicht sündigen´ bezieht sich nicht nur auf den moralischen Aspekt, glaube ich, sondern auf eine Art von Sünde, die sie daran hindert, ihr eigenes Leben zu leben.“ Ein ganz umfassendes, tiefgreifendes Freisetzen also, das durch Jesu Barmherzigkeit möglich wird.

Das Bild von den Räumen brachte den Papst dann dazu, einmal mehr vom Beichtstuhl zu sprechen: aus seiner Sicht ein „Raum, wo die Wahrheit uns frei macht“, ähnlich wie bei der Episode der Ehebrecherin. Beichtväter sollten nicht mit dem „Blick des Justizbeamten“ auf den Sünder schauen und auch nicht „in der Seele der anderen herumschnüffeln“.

Zum Schluss bat Franziskus seine Zuhörer – Priester und Priesteramtskandidaten, die an Heilig-Jahr-Feiern in Rom teilnehmen –, sich „an die Arbeit zu machen“ und durch ihr Tun „eine Kultur der Barmherzigkeit zu schaffen und zu institutionalisieren“. Dabei sollten sie einen wachen Blick für das Elend der Menschen von heute behalten. „Das vollkommenste und grausamste Elend ist das eines Straßenkindes, ohne Eltern und den Aasgeiern ausgesetzt.“

Nach der Meditation verlas der Papst noch das persönliche Zeignis eines Bergpriesters, der dem Papst für seine Hinweise darauf dankte, wie wichtig es für einen Priester sei, den „Geruch seiner Schäfchen anzunehmen.“ Ein Vergleich, den Papst Franziskus gerne benutzt. Auch das „Ohren lang Ziehen“, das er gelegentlich vornehme und das der Papst bei der Lektüre des Zeugnisses verschmitzt selbst eingestand, sei konstruktiv und nötig für seinen Weg, so der ungenannte Priester. Wichtig sei aber vor allem eines, so Papst Franziskus: Die Priester dürften nie das „Gebet verlieren“ und sollten dabei auch einen gesunden Sinn für Humor bewahren.

Die Papstmeditation in voller Länge können Sie hier nachlesen. Radio Vatikan hat auch den ersten und den zweiten Teil der Papstmeditationen für Priester zum Heiligen Jahr zusammengefasst. 

(rv 02.06.2016 sk)

 








All the contents on this site are copyrighted ©.