2016-06-01 09:00:00

„Wer die Christen vernichtet, vernichtet die Einheit des Irak“


Adoptiere einen irakischen Christen“ – der Titel ist ganz schön griffig. Man merkt, dass sich Journalisten die Kampagne ausgedacht haben: die Mitarbeiter der kirchlichen Internet-Nachrichtenagentur asianews nämlich. Sie sammeln schon seit zwei Jahren Geld für die Christen, die damals Hals über Kopf vor dem sogenannten „Islamischen Staat“ aus Mossul geflohen sind.

„Uns hat diese enorme, mühsame Prozession sehr bewegt: Tausende von Menschen, mehr als 100.000, die Mossul verlassen, um ihre Haut zu retten.“ Das sagt Pater Bernardo Cervellera, der Direktor von asianews. „Wir haben damals die irakischen Bischöfe gefragt, was wir denn tun könnten, und die haben gesagt: Helft uns, diesen Menschen zu essen zu geben! Der Strom der Flüchtlinge aus Mossul, die im Nordirak ankamen, riss einfach nicht ab. Und darum haben wir diese einfache Kampagne gestartet: Adoptiere einen Christen aus Mossul. Das heißt, gib wenigstens fünf Euro – soviel kostet es, damit jemand dort einen Tag lang etwas zu essen hat. Ich muss sagen, die Resonanz war wirklich sehr groß.“

1,2 Millionen Euro haben die Macher von asianews in diesen zwei Jahren eingeworben. Sie zielen auf dreieinhalb Millionen, sind also schon auf halbem Weg. Die Gelder geben sie weiter an die irakische Kirche. „Die Kirche hat sie nicht nur den Christen zugute kommen lassen, sondern auch Jesiden und Muslimen, schiitisch und sunnitisch. Auch sie sind ja Opfer der Gewalt und Unterdrückung durch den sogenannten „Islamischen Staat“. Auf diese Art und Weise ist das auch ein Beitrag für die Wiederherstellung der Einheit des Irak.“

Schon längst geht es also nicht mehr nur um die Christen. Und auch nicht mehr nur darum, dass die Flüchtlinge etwas zu essen haben, oder Medizin. „Mittlerweile werden die Gelder auch eingesetzt, um ihnen beim Hausbau zu helfen, oder damit Schulen entstehen. Das Schöne ist also, dass diese Flüchtlinge im Irak bleiben und wieder etwas aufbauen wollen. Dass sie Häuser bauen, dass sie neue Freundschaften mit muslimischen Nachbarn schließen.“ Das weniger Schöne lässt Pater Cervellera ungesagt: Je stabiler sich nämlich die Flüchtlinge aus Mossul im kurdisch dominierten Nordirak einrichten, umso mehr zeigt das, dass sie keine Hoffnung mehr auf eine schnelle Rückeroberung Mossuls haben.

„Diese Menschen sind aus Mossul oder aus der Ninive-Ebene geflohen, die seit zwei Jahren in der Hand des IS ist, und halten sich nun in Kurdistan und damit in der einzigen Zone im Irak auf, in der es noch etwas Ruhe gibt. Sie sind nach Erbil geflohen und auch in den Norden Kurdistans, in die Berge.“

Vor allem zu den mitgeflüchteten Jesiden und arabischen Muslimen seien die Beziehungen der christlichen Flüchtlinge immer enger. Nicht nur, weil das gemeinsame Unglück sie zusammenführe. „Es gibt auch eine große Tradition des Zusammenlebens im Irak, die auf der Nationalität und darauf gründet, Teil der arabischen Kultur zu sein. Und die Christen gelten im Irak generell als die Spitze des Fortschritts, der Öffnung und der arabischen Kultur.“ Genau deswegen, glaubt Cervellera, sind die Christen auch derart ins Visier des IS geraten. „Sie sind Ziel des „Islamischen Staats“, und gewisse Golfstaaten unterstützen den IS direkt oder indirekt, denn nur wer die Christen vernichtet, kann auch die Einheit des Irak zerbrechen.“

Adoptiere einen irakischen Christen? Eigentlich könnte die Kampagne auch heißen: Adoptiere die Einheit und Zukunft des Irak. - Asianews ist eine Nachrichtenagentur des Päpstlichen Instituts für die Auslandsmission, kurz „Pime“. Sie besteht seit 1986, seit 2003 ist sie auch online, in mehreren Sprachen.

(rv 31.05.2016 sk)








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