Kustos des Heiligen Landes: Hinter diesem etwas merkwürdigen Titel verbirgt sich eine Schlüsselposition in Israel, den Palästinensergebieten und den angrenzenden arabischen Staaten. Schon seit dem Mittelalter verwaltet ein Franziskaner als Kustos die biblischen Stätten, die den Christen heilig sind, und empfängt die Pilger. Das Ganze geht auf eine Heilig-Land-Reise des heiligen Franz von Assisi im 13. Jahrhundert zurück.
Jetzt gibt es einen neuen Kustos: Es ist der 53-jährige Pater Francesco Patton. Der Südtiroler tritt an die Stelle des Italieners Pater Pierbattista Pizzaballa. „Meine Bindung zum Heiligen Land ist die eines Franziskaners“, erklärt der neue Kustos uns. „Franz von Assisi hat dieses Land geliebt, er war als Pilger hier. Viele Brüder haben mir von diesem Land erzählt – Brüder, die hier ihr Leben verbracht haben, im Dienst an Pilgerstätten, in den Schulen oder auch in der Forschung.“
Denn auch die Forschung gehört zur Kustodie des Heiligen Landes, wie Pater Patton erklärt: „Wir haben eine Fakultät für Biblische Archäologie und Exegese, das „Studium Biblicum Francescanum“. Dazu kommt noch der Einsatz in archäologischen Ausgrabungen, die unsere Brüder in den letzten Jahrhunderten im Heiligen Land durchgeführt haben. Dank diesem Einsatz wurden wesentliche Orte wie Kafarnaum, das Haus des Petrus und andere Stätten, sozusagen wiedergewonnen. Und auch das gehört zu unserer Geschichte, auch das gehört zum Aufgabengebiet der Kustodie.“
Ein Amt mit dem Atem der Jahrhunderte: Papst Franziskus hat Pattons Berufung zum Kustos bestätigt. Der Pater weiß, dass er in eine Region kommt, in der alles alt, kompliziert und konfliktträchtig ist. „Den Christen im Heiligen Land will ich sagen: Ich komme in großer Demut, auf den Zehenspitzen. Ich komme auch mit einer großen Liebe zu diesem Land im Herzen. Ich bitte alle darum, mich aufzunehmen und mir zu helfen, damit ich im Dienst der Menschen stehen kann, die dort wohnen oder die dorthin kommen, um zu studieren, um zu pilgern oder auch einfach, weil sie neugierig auf diese Stätten sind. Das ist es, worum ich bitte: Dass man mich wie einen Bruder aufnimmt.“
Er heiße Franziskus, genauso wie der Papst, der ihn schicke: Dieser Name sei natürlich Programm, sagt Patton. „Wir wissen, dass dieser Name auch bedeutet: unermüdlicher Einsatz, um Brücken zu bauen, um Dialog in Gang zu bringen, um Frieden zu bringen. So lautet ja auch der franziskanische Gruß: Der Herr schenke dir Frieden. Ich glaube, das ist nicht nur ein Gruß, sondern auch ein Lebensprogramm!“ Er würde gerne „im Stil des heiligen Franziskus“ im Heiligen Land leben, fährt der neue Kustos fort; der Ordensgründer habe 1219, rund um die Kreuzfahrer-Schlacht von Damiette, „die Realität der Begegnung gelebt“. Und dann bewege es ihn, dass sich an den Heiligen Stätten sozusagen „das Fleisch unseres Glaubens anfassen“ lasse.
Heilige Stätten – dieser Begriff ist übrigens ziemlich weit gefasst. „Das sind die Orte der Bibel und auch die Orte, die mit dem Leben Jesu verbunden sind: wo er gelebt, gepredigt hat, wo er gestorben und wo er auferstanden ist. Die Kustodie hat eine sehr breite Präsenz im Nahen Osten, sie umfasst auch Syrien, Jordanien, Ägypten, den Libanon; auch auf Rhodos und Zypern hat sie eine Präsenz. Es geht hier also um eine Präsenz so ziemlich überall in Nahost – und zwar eine pastoraler, religiöser, geistlicher Art.“
Nur historische Gemäuer hüten sei nicht genug, entscheidend sei Begegnung mit Menschen. „Man kann nicht die Steine lieben, die an das Geheimnis der Inkarnation gemahnen, aber dabei die Menschen vernachlässigen, in denen dieses Geheimnis der Menschwerdung sich gewissermaßen fortsetzt. Die Kustodie des Heiligen Landes hat auch eine pastorale Verantwortung, das Hüten der Christen des lateinischen Ritus, die im Heiligen Land leben. Und eine soziale Bedeutung, über eine Reihe von Schulen und Bildungsstätten. Das ist also keineswegs nur eine geistliche Präsenz, sondern eine sozusagen inkarnierte Spiritualität!“
In dieser Rechnung dürfen die Pilger aus dem Ausland nicht fehlen: Pilger, die immer häufiger aus Asien kommen, während die aus den westlichen Ländern derzeit, aufgrund von Sicherheitsbedenken, nur zögernd anreisen. Dabei sind die Pilger, wie Patton betont, ausgesprochen wichtig, um die Präsenz von Christen im Heiligen Land zu erhalten: „Dank den Pilgerfahrten haben die örtlichen Christen Arbeit und die Möglichkeit zu einem Leben in Würde. Und dann tragen die Pilgerfahrten auch dazu bei, dass diese Realität, dieses Land, die Völker, die dort leben, bekannt werden. Da kann dann eine gewisse Liebe bei den Pilgern eben nicht nur zu den Stätten, sondern auch zu den Menschen dort entstehen.“
(rv 21.05.2016 sk)
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