2016-05-20 10:14:00

Moscheebau in Erfurt: Religion in „würdevollem Kult“ ausüben


Eine Moschee in Erfurt: Noch ist es nur ein Bauantrag, noch kein Stein ist verbaut, aber trotzdem regt sich bereits Widerstand, vor allem von der AfD. Allerdings gibt es auch Fürsprecher des Projekts, zum Beispiel in den christlichen Kirchen.

Es ist der Testfall für die „Alternative für Deutschland“: Nachdem die Partei erst kürzlich ihr islamfeindliches Programm verabschiedet hatte, kann sie den Protest nun ganz konkret zeigen, und zwar in Erfurt: Protest gegen eine dort geplante Moschee. Zwischen 700 und 800 Menschen haben zuletzt gegen das Vorhaben der Ahmadiyya-Gemeinde (einer muslimischen Konfession) demonstriert, das berichtet der Islambeauftragte des Bistums Erfurt, Hubertus Staudacher, im Gespräch mit dem Kölner Domradio. Die AfD will den Bau verhindern. Am kommenden Dienstag will sie Maßnahmen dazu vorstellen, kündigte die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag an.

Dabei ist noch gar nichts entschieden, sagt Staudacher: „Es gab in der vorherigen Woche eine Pressekonferenz, bei der öffentlich gemacht wurde, dass eine Bauvoranfrage gestellt worden ist. Die ist auch nach meinem Wissen von der Stadt weder positiv noch negativ beantwortet worden. Sie wird geprüft.“ Man erwarte sich eine lebhafte Debatte, die alle möglichen Facetten habe werde, fährt der Islam-Beauftragte fort.

Das Bistum hat eine grundsätzlich positive Einstellung zum Bau. „Das ist bei uns durch die Konzilstexte, die Erklärung zur Religionsfreiheit und die Erklärung zu den nicht-christlichen Religionen getragen. Ich denke dabei auch an das Schreiben der Bischöfe aus dem Jahr 2008 zum Moscheebau in Deutschland. Religionsgemeinschaften haben das Recht, ihre Religion, ihren Kult in würdigen Formen zu leben und zu praktizieren.“ Die islamischen Gottesdienste, wie sie derzeit in Kellerräumen, Hinterhofmoscheen und ungeeigneten Räumen stattfänden, könne man nicht mehr als „würdevollen Kult“ bezeichnen.

Wir müssen auch streiten lernen - das tun wir gerade

Erfurt ist ein besonderer Ort für den Moscheebau, denn dort sind alle Religionen in der Minderheit. „Es ist das Verhältnis zwischen Minderheiten, das ist auch erstmal noch der große Unterschied zu den alten Bundesländern, weil nämlich Religion grundsätzlich unbekannt ist“, erklärt Staudacher. „In Erfurt gibt es 80 Prozent Areligiosität. Es gibt vielleicht vier Prozent Katholiken, 15 Prozent evangelische Christen und dann noch einige, die man anderen Gruppierungen zurechnen kann.“ Die Christen – evangelische wie katholische – erlebten nun, dass es eine andere Religion neben ihnen gebe; bisher seien die wenigen, kleinen muslimischen Gemeinden nicht aufgefallen. Nicht zuletzt durch die Flüchtlingsbewegung werde das nun zu einem Thema.

Der Dialog zwischen den Religionen sei auf einem guten Weg, schätzt Staudacher die Situation ein, auch wenn es nicht einfach werde. „Wir haben einen interreligiösen Gesprächskreis in Thüringen, in dem sich die evangelische und katholische Kirche, die russisch-orthodoxe, die jüdische Landesgemeinde und mehrere muslimische Gemeinden, die Schiiten und mehrere sunnitische Gemeinden, untereinander austauschen. Dieser Dialog wird sicher auch nicht problemlos ablaufen. Es gibt Grundsätze, über die wir reden müssen, es gibt Punkte, über die wir auch streiten müssen. Das müssen wir lernen, und das tun wir gerade auch!“ Und einer der konkreten Anlässe wird nun der Umgang mit dem Moscheebau und der Kritik daran sein.

(domradio 20.05.2016 ord)








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