2016-05-09 15:08:00

Österreich: Kirchen würdigen Faymann nach Rücktritt


„Ich habe große Wertschätzung für Bundeskanzler Werner Faymann und ihn als ausgezeichneten Gesprächspartner in vielen grundlegenden Fragen erfahren.“ Mit diesen Worten reagierte Kardinal Christoph Schönborn auf den überraschenden Rücktritt Faymanns aus allen politischen Ämtern. Der scheidende Bundeskanzler sei in den vergangenen acht Jahren „in die europäische Dimension des Amtes hineingewachsen“ und habe sich „als ein Politiker erwiesen, dem Europa als völkerverbindendes Friedensprojekt ein großes Anliegen war“. Faymann habe auch um den „positiven gesellschaftlichen Stellenwert von Kirchen und Religionen“ gewusst. „In vielen persönlichen Gesprächen wurde spürbar, dass der Glaube eine Basis in seinem Leben ist“, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz am Montag.

Zugleich ortete der Kardinal auch Differenzen mit Faymann: „Ich habe mir mit seiner Wende in der Flüchtlingsfrage schwergetan und öffentlich mehrfach erklärt, dass ich sie als eine provisorische Notmaßnahme verstehen kann, aber nicht für dauerhafte Lösung halte.“ Einig seien sich Schönborn und Faymann in der Überzeugung gewesen, dass es „eine gesamteuropäische Lösung mit mehr Solidarität“ dafür brauche. Ob in Europafragen oder in der Politik: „Ich hatte immer den Eindruck, dass sich Bundeskanzler Faymann ehrlich um einen Ausgleich unterschiedlicher Positionen bemüht hat“, so der Wiener Erzbischof. Österreich braucht jetzt rasch eine Regierungsspitze, „die mit Besonnenheit und Verantwortungsbewusstsein das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückgewinnen kann“.

Als integrative Persönlichkeit, die sich stets auch um das Gespräch mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften bemüht hat, würdigte der lutherische Bischof Michael Bünker Faymann. Es sei dem Kanzler ein Anliegen gewesen, jeder Polarisierung in der Gesellschaft entgegenzuwirken und sich für ein „Miteinander in aller Vielfalt auf Basis der Menschenrechte“ stark zu machen. Der Kanzler und die Kirchen und Religionsgemeinschaften hätten hier die gleichen Anliegen, so Bünker. Diesen Fokus erhoffe er sich auch von der künftigen Regierungsspitze. Der Bischof hob in diesem Zusammenhang auch die Religionsfreiheit in Österreich hervor, „auf die wir zu Recht stolz sein können“.

Bünker würdigte ausdrücklich den von Faymann initiierten Religionsdialog im Bundeskanzleramt. Mit seiner Einladung an die Spitzenvertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften habe Faymann einen wichtigen Beitrag für das gute Zusammenleben in Österreich geleistet. Für ihn seien die Religionen „nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung gewesen“, so Bünker wörtlich.

(kap 09.05.2016 sk)








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