2016-04-30 11:19:00

D: Mit Kreativität gegen „Wunde des Patriarchats“ in der Kirche


Eine deutsche Ordensoberin rät Frauen in der Kirche, sich von einer „strukturellen Ohnmachtsposition” nicht entmutigen zu lassen. Wer „an der Wunde des Patriarchats nicht verbluten” wolle, werde Kreativität brauchen, um mit Widersprüchen und Paradoxien umzugehen und pastorale Handlungspotenziale mutig auszuschöpfen, sagte Schwester Katharina Ganz bei einem Vortrag in Innsbruck bei der 50-Jahr-Feier der „Vereinigung der Frauenorden Österreichs“. Die 45-jährige Ordensfrau ist Generaloberin der „Oberzeller Franziskanerinnen” in Würzburg und ausgebildete Sozialpädagogin und Theologin.

Aus der Kirche auszutreten, hält die Oberin nicht für den richtigen Weg. Reformen könnten nur von innen vollbracht werden, so die Ordensfrau im Gespräch mit „Kathpress” am Rande des Vortrags. Sie rät, „dran zu bleiben, Wunden und offene Fragen zu erkennen und deutlich zu machen, dass die Kirche an einer ganz besonderen Stelle leidet”.

Auf Papstworte müssen Taten folgen

Papst Franziskus traut Katharina Ganz Änderungen zum Positiven in Bezug auf eine Neupositionierung der Frau innerhalb der Kirche zu. Seine Forderung nach einer gründlichen Theologie der Frau, das Nachdenken über die Funktion von Christinnen im Inneren der Kirche und sein Bestreben, auch Frauen an entscheidenden kirchlichen Positionen einzusetzen, ließen auf Taten hoffen, auch wenn der Papst sie bisher nicht gesetzt habe.

In zwei Wochen treffen Frauenordensverantwortliche aus der ganzen Welt im Rahmen der 20. Vollversammlung der Internationalen Vereinigung der Generaloberinnen in Rom auch auf Papst Franziskus. „Dort sollten wir ihn fragen, was denn schon passiert ist, wo genau er Frauen in Entscheidungspositionen noch mehr beteiligen möchte, und welche konkreten Pläne er hat.“ Denn langsam würden die Menschen ungeduldig.

Ganz erkennt an, „dass es eine Zeit dauert, einen absolutistischen Machtapparat zu reformieren“. Dennoch hofft sie, „dass er wirklich entscheidende Reformen zustande bringt“. Das zähe Vorankommen in der Frauenfrage erklärt die Oberin mit dem Willen zum Machterhalt. „Es gibt massive Vorbehalte, die Macht zu teilen.“ Die Kirche tue sich schwer zu sehen, dass auch Frauen Christus symbolisieren und darstellen könnten.

Männer in Führungspositionen seien nicht per se schlecht, wenn es aber zu einer Alleinstellung kommt, „ist nur die Hälfte der Menschheit mit ihren Perspektiven und Denkweisen repräsentiert; da wünsche ich mir schon dringend Veränderung“.

Von den Frauen wünscht sich Ganz mehr Mut. Ordensfrauen etwa hätten viele ihrer Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft. Die sprach davon, die Vielfalt der Frömmigkeitsformen zu modifizieren und neue liturgische Ausdrucksweisen für die wichtigen Lebenswenden zu entwickeln. „Das braucht die Kirche.”

Lernen von einer mutigen Ordensgründerin im 19. Jahrhundert

Wie ein Autoritätsgewinn für Frauen in der Kirche gelingen kann, zeigte Katharina Ganz am Beispiel der Ordensgründerin Antonia Werr, die im 19. Jahrhundert im Bestreben, eine Anstalt für haftentlassene Frauen aufzubauen, immer wieder von kirchlichen Machthabern enttäuscht und gedemütigt worden sei. Trotz ihrer „minderprivilegierten Stellung” als Frau im 19. Jahrhundert habe sich die Gründerfigur der „Oberzeller Franziskanerinnen” Gehör verschafft. Werr habe es verstanden, die Schwächen und Stärken ihrer Verhandlungspartner einzuschätzen, zu nutzen und sich ein Netzwerk an Verbündeten aufzubauen. Motiv und Kraftquelle ihres unermüdlichen Einsatzes sei ihre altruistische Haltung gewesen, für jene Frauen einzustehen, „die ähnlich wie sie Opfer des Patriarchats geworden waren“.

(kap 30.04.2016 gs)








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