2016-04-27 12:44:00

Pakistan: „Tausend ist vorsichtig ausgedrückt“


Zuletzt passierte es am 14. April: Eine junge Frau, 23 Jahre alt, wurde in Pakistan von zwei muslimischen Männern entführt. Entscheidendes Detail: Die Frau ist Christin. Und so wie ihr geht es jedes Jahr über tausend jungen Christinnen oder Angehörigen von Minderheiten-Religionen: Sie werden entführt, bedroht und mit Gewalt zum Islam „bekehrt“.

„Die Lage dieser jungen Frauen, ob sie nun Christinnen oder Hindus sind, ist wirklich düster, und diese Fälle nehmen auf eine Art und Weise zu, die keiner vorhergesehen hat“, sagt der pakistanische Intellektuelle und Aktivist Mobeen Shahid. „Dass das vor allem Angehörigen von religiösen Minderheiten passiert, liegt daran, dass sie der verletztlichste Teil der Gesellschaft sind – das gilt erst recht für die Frauen.“

„Wir betreuen derzeit zweihundert junge christliche Mädchen, die solche Dinge durchgemacht haben; sie helfen in der Ausbildung und in der sozialen Inklusion. Aber das ist nur ein Tropfen in den Ozean der Ignoranz und Armut in Pakistan. Das Recht der Scharia sieht in der Verfassung selbst starke Diskriminierungen vor, nur weil es um Frauen geht.“

Shahid unterrichtet in Rom an der Päpstlichen Lateran-Universität; er ist Gründer eines Verbands pakistanischer Christen in Italien, der sich um die bedrängten Glaubensbrüder und –schwestern in der Heimat kümmert. Auf die Frage, wie viele solcher Zwangsbekehrungen von Frauen zum Islam es tatsächlich gebe, sagt er: „Tausend ist vorsichtig ausgedrückt, denn allein im letzten Jahr waren es 1.200 registrierte Fälle, und die stellen nur die Spitze des Eisbergs dar. Die Polizei bekommt oft Geld von den Kriminellen und deckt deshalb häufig die Taten. Außerdem sehen viele auch aus religiösen Gründen weg: Wenn es da um eine Christin oder eine Hindu geht, sieht die Polizei nur zu und bleibt gleichgültig.“

Die Christen hätten leider nicht die geringste Handhabe, sie könnten sich lediglich auf das Gesetz berufen. Oder ihren Pfarrer um Hilfe bitten. „Der Pfarrer ist eine Art religiös-soziale Respektsperson, er versucht in der Regel, in solchen Fällen zu helfen.“ Erfolgversprechender sei es nur, wenn es den Christen in Pakistan gelinge, internationale Aufmerksamkeit für ihre Bedrängnis zu wecken, zum Beispiel mit der Hilfe von Nichtregierungsorganisationen. 

(rv 27.04.2016 sk)








All the contents on this site are copyrighted ©.