2016-04-23 14:18:00

100 Katholikentage waren immer politisch


Politisch waren Katholikentage schon immer, nur ihr Umfang hat sich geändert. In einem Monat beginnt in Leipzig der 100. Katholikentag. Nach 100 Katholikentagen ist es mal Zeit zurückzuschauen auf eine bewegte Geschichte einer katholischen Veranstaltung, die von einer kleinen Versammlung zu einem Großevent wurde.  Pia Dyckmans sprach deswegen mit Thomas Großmann, er ist der Leiter des Katholikentags und von Großveranstaltungen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, über die Entwicklung und wie der erste Katholikentag 1848 sich vom Heutigen unterscheidet.

Thomas Großmann: „Er unterscheidet sich ganz erheblich. Der erste Katholikentag war eine ganz kleine Versammlung von Männern – damals waren nur Männer zugelassen, symptomatisch für die damalige Zeit, nicht nur für die katholische Kirche – der es sich zum Auftrag gemacht hat, eine Generalversammlung all der Vereine für religiöse Freiheit zu sein, die in den Monaten zuvor wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Diese erste Generalversammlung hat in Mainz stattgefunden und hatte sich neben diesem Aspekt vorgenommen, die zeitgleich stattfindenden Nationalversammlungen in der Frankfurter Paulskirche im Sinne katholischer Interesse zu beeinflussen.“

Radio Vatikan: Von einer politischen Generalversammlung der Katholiken im Kleinen hin zu einem katholischen Großevent für alle. Wie sah die Entwicklung dahin aus?

Großmann: „Die Tatsache, dass der erste Katholikentag ein politisches Ereignis war, hat sich eigentlich bis heute erhalten. Der Katholikentag hat unterschiedliche Phasen durchlaufen. In den frühen Jahren war es eine kleine Versammlung von Verbandsvertretern. Diese Verbände wurden aber ihrerseits im Laufe des 19. Jahrhunderts immer größer, zum Teil mit mehr als hunderttausend Teilnehmern. Auf diese Weise wurde auch der Katholikentag zu einem Ereignis, bei dem man dabei sein wollte, bei dem man durchaus auch politische Stärke zeigen wollte, auch über die Zahl der Teilnehmer. Sodass man in der Zeit der Weimarer Republik von Heerschauen des deutschen Laienkatholizismus gesprochen hat. Damals fuhren die Vereine tatsächlich mit großen Formationen, Fahnen schwingend durch die jeweiligen Straßen. Es war eine Form der öffentlichen Machtdemonstration. Das hat sich dann später wieder gewandelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben die Katholikentage erst einmal große Ereignisse, wurden dann aber im Zusammenhang mit den Debatten rund um das Zweite Vatikanische Konzil wieder eher zu Fachsymposien/-tagungen, um dann in den 80er/90er Jahren wieder zu Veranstaltungen zu werden, an denen bis zu Hunderttausende teilgenommen haben.“

Radio Vatikan: Sie haben den historischen Überblick, was Katholikentag alles sein kann. Wünschen Sie sich ein Element zurück, was heute auf dem Katholikentag nicht vertreten ist?

Großmann: „Ich denke zunächst, dass die Katholikentage gut daran tun, dass sie sich immer auf die jeweilige Zeit einlassen, nicht nur bezüglich der Themen, die uns gestellt sind, sondern auch im Blick auf die Veranstaltungsformen, Formate, auf die Art und Weise, wie wir uns mit den Fragen auseinandersetzen, aber auch wie wir uns gegenüber der Öffentlichkeit präsentieren. Was ich mir wünschen würde – wir sprachen gerade schon von den Entwicklungen, auch von den Zahlen der Teilnehmer – dass wir wieder eine stärkere, größere Verankerung auch in der Breite unserer Kirche haben, dass wir auch in den Gemeinden mehr als ein Ereignis wahrgenommen werden, bei dem es sich lohnt, dabei zu sein, zu dem es sich lohnt, hinzufahren. Da stellen wir schon fest, dass wir heute sehr viel Werbung machen müssen. Das gelingt uns zwar, schön wäre es aber, wenn es eine größere Selbstverständlichkeit gebe, in den Gemeinden zu sagen: ‚Es ist Katholikentag, da fahren wir hin!’“

(rv 23.04.2016 pdy)








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