Obwohl die Flüchtlinge im Mittelpunkt standen, war der Besuch von Papst Franziskus am Samstag auf Lesbos auch von großer ökumenischer Bedeutung. Erst das zweite Mal besucht ein Papst das orthodoxe Griechenland. Bereits im Frühjahr hatte Franziskus erstmals das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill, auf Kuba getroffen. Große Zeichen für die Ökumene.
Hoffnungen verbindet damit auch Jens Martin Kruse, Pfarrer der deutschen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Rom: „Mein Eindruck ist, dass Papst Franziskus einer der entscheidenden Impulsgeber der Ökumene ist. Und das geht in alle Richtungen. Ihn zeichnet aus, dass er weniger auf konfessionelle Abgrenzungen achtet, als nach Verbündeten sucht, mit denen man heute gemeinsam das Evangelium leben und verkünden kann. Er lebt uns vor, dass die theologischen Fachfragen, die uns noch trennen, gelöst werden müssen, aber dass bis dahin nicht abgewartet werden darf.“
Die Christuskirche in Rom hat eine große ökumenische Tradition. Immer wieder wird mit der katholischen Gemeinde und dem Vatikan gemeinsam gearbeitet, werden Gottesdienste gefeiert oder gemeinsam gebetet. Schon einige Schritte zur Ökumene gingen von dieser Kirche in Rom aus: „Nach meiner Erfahrung hängt es damit zusammen, dass wir uns hier kennen, dass wir uns häufig begegnen, dass man sich kennenlernt, dass man auch merkt, dass man sich auf den anderen verlassen kann. Das ist für uns ein Stück gelebte Ökumene im Alltag.“
Durch den Standort Rom wird das, was hier, auf Ebene der Ortskirche passiert, auch gleichzeitig zum Signal für die Weltkirche. Das merkt man auch daran, dass bereits drei Päpste in dieser evangelischen Kirche Gottesdienst gefeiert haben: „Der erste Papst, der nach der Reformation eine evangelisch-lutherische Kirche besucht und dort Gottesdienst gefeiert hat war Papst Johannes Paul II. Im Lutherjahr 1983 war er zu Besuch in unserer Gemeinde. 2010 war auch Papst Benedikt XVI. hier und wieder haben wir zusammen Gottesdienst gefeiert.“
Im November 2015 hat auch Papst Franziskus der deutschsprachigen lutherischen Gemeinde einen Besuch abgestattet. Erstmals hat er sich auch als Papst offen den Fragen evangelischer Gläubiger gestellt. Auch hier stand die Ökumene im Mittelpunkt. Wenn es zum Beispiel um das gemeinsame Abendmahl von Ehepaaren mit unterschiedlicher Konfession geht, sagt der Papst: Die Eheleute sollen diese Entscheidung in Absprache mit dem Pfarrer und ihrem eigenen Gewissen treffen. Großen symbolischen Charakter hat auch das Gastgeschenk, das Papst Franziskus dem Pfarrer der evangelisch-lutherischen Gemeinde übergeben hat. Ein Abendmahlskelch. Ein Kelch in der Art, wie er sonst katholischen Ortsbischöfen überreicht wird. In der Christuskirche wird dieser Kelch nun jeden Sonntag bei der Feier des Abendmahls verwendet: „Mit diesem Geschenk hat er noch mal die Hoffnung unterstrichen, dass es uns als Kirchen eines Tages gelingt, Formen des gemeinsamen Abendmahls zu finden. Wir nutzen diesen Kelch jeden Sonntag im Gottesdienst. Zum einen als Zeichen dieser Hoffnung. Gleichzeitig aber auch als Verpflichtung das, was wir dafür tun können, auch zu tun.“
(rv 18.04.2016 rs)
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