2016-04-14 13:04:00

Syrien: Hilfswerk spricht von „Genozid an Christen"


Die Terrororganisation „Islamischer Staat“ wird in Syrien immer weiter zurückgedrängt. Immer deutlicher wird aber auch das Ausmaß der Zerstörung, die sie bei ihrem Rückzug hinterlässt. Auch christliche Stätten und Gläubige werden schwer in Mitleidenschaft gezogen, teils könne man sogar von einem „Genozid an Christen" sprechen, meint Peter Humeniuk. Er ist Referent des kirchlichen Hilfswerkes Kirche in Not für den Dialog mit der russisch-orthodoxen Kirche. Eine Delegation des Hilfswerks hat sich kürzlich gemeinsam mit Vertretern der russich-orthodoxen Kirche die Zerstörung vor Ort selbst angeschaut. Humeniuk war einer der Teilnehmer der Reise: „Dort wo der sogenannte ‚Islamische Staat‘ aktiv ist, sind die Christen eine Zielscheibe. Da findet schon so etwas wie ein Genozid statt.“

Jetzt, wo die Terrormiliz Islamischer Staat immer weiter von den syrischen Truppen zurückgedrängt wird, wird es also aktenkundig: Christen wie Muslime wurden vertrieben, ermordet, ihre Häuser und Städte zerstört. Die erst kürzlich erfolgte Befreiung des Ortes Qaryatayn und des Klosters Mar Elian zeigen, wie stark auch die christlichen Glaubensstätten in Mitleidenschaft gezogen wurden: „In vielen Regionen, in denen der ‚IS‘ gewütet hat, wurden die Kirchen, auch andere Gebäude, in denen das eigentliche Leben der Gläubigen stattfindet, systematisch zerstört.“

Auch das antike katholische Kloster Mar Elian, dessen Prior Paolo Dall´Oglio im Jahr 2013 durch den IS entführt worden und nach wie vor verschwunden ist, wurde bis auf die Grundmauern zerstört. Dem auf ihn folgenden Prior Jaques Murad, der im Jahr 2015 ebenfalls entführt worden ist, gelang nach einigen Monaten Gefangenschaft die Flucht. Die nun wieder dort ansässigen Ordensbrüder haben es sich jetzt zum Ziel gesetzt, die Klosteranlage neu aufzubauen. Viel wichtiger als die Mauern wieder hochzuziehen, sei es allerdings, die Herzen der Menschen wieder zu versöhnen. Es werde eine Weile dauern, bis die Syrer die Schrecken des Krieges überwinden können, ist sich Humeniuk sicher. 

Die Delegation von Kirche in Not hat auch verschiedene Flüchtlingslager besucht, christliche wie muslimische. An diesen Orten finde man sehr viel Leid, aber auch Zeichen der Hoffnung: „Sehr beeindruckt haben mich die Frauen in Syrien. Sie sind oft mit Kindern geflohen, haben Schreckliches erlebt, und dennoch spürt man eine ungeheure Kraft. Die hat mich erstaunt, und das sagt auch, dass es eine Zukunft gibt.“ Eine Zukunft, in der der Wiederaufbau des Landes eine große Rolle spielt. Das Hilfswerk plant verschiedene Aktionen. Eine detaillierte Dokumentation der Kriegsschäden, aber auch der Schicksale der einzelnen Menschen. Aber man plane zum Beispiel auch ein Projekt für Kinder in der zum großen Teil zerstörten Stadt Homs. Im Moment wird darüber gesprochen, die Kosten für den Wiederaufbau ökumenisch zu unterstützen, von katholischer wie orthodoxer Seite. Da allerdings schon von konkreten Summen zu sprechen, wäre verfrüht, sagt Peter Humaniuk: „Natürlich muss man das im Blick haben, aber es ist noch zu früh, um über konkrete Maßnahmen in dieser Hinsicht zu sprechen. Man muss zuerst die Zerstörung als solche erfassen.“ Besonders für die Christen im Land spiele die Unterstützung der Kirchen und der Wiederaufbau der Gotteshäuser da eine sehr große Rolle: „Tatsächlich haben wir gehört, wie wichtig es den Gläubigen ist, dass die Kirche da ist. Dass der Hirte sozusagen bei der Herde bleibt. Manchen ist das sogar wichtiger als die Wiederherstellung ihrer eigenen Häuser.“ 

 

(rv 14.04.2016 rs)








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