2016-04-05 07:56:00

Kongo: Priester übt schwere Kritik an westlichen Konzernen


Ein hochrangiger Kirchenmann aus dem Kongo erhebt schwere Vorwürfe gegen westliche Konzerne, die ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt Rohstoffe in dem afrikanischen Land abbauen. Der Einsatz hochgiftiger Chemikalien zerstöre das ökologische Gleichgewicht mit weitreichenden Folgen für die Gesundheit der lokalen Bevölkerung. Außerdem würden dabei Menschenrechte und Arbeitsrechte verletzt. Und die grassierende Korruption verhindere, dass auch die Bevölkerung vom Rohstoffabbau profitiere, sagte Léonard Santedi, der Generalsekretär der kongolesischen Bischofskonferenz. Der Priester äußerte sich bei einem Gastvortrag in der Schweiz auf Einladung von „Fastenopfer“, wie die Berner Zeitung berichtete.

 

Für diese Vergehen seien oft Tochterunternehmen von internationalen Rohstoffkonzernen verantwortlich, sagte der kongolesische Geistliche. Er forderte diese Unternehmen dazu auf, solche Missstände zu verhindern. Auch die Regierung seines eigenen Landes kritisierte er scharf, weil die sich nicht um griffige Gesetze gegen Korruption und Umweltzerstörung kümmere.

 

Im Gespräch mit der Berner Zeitung äußerte sich Santedi auch zur Reform des Minengesetzes im Kongo. Diese werde auf Druck von Rohstoffkonzernen von der Regierung blockiert. Eine Verschärfung des Minengesetzes sei nach Ansicht der kongolesischen Bischofskonferenz aber dringend nötig. Sämtliche Bereiche der Rohstoffförderung müssten transparent sein, damit sie von unabhängiger Seite überprüft werden könnten. Die Behörden sollten Einnahmen aus der Vergabe von Lizenzen und Steuereinnahmen offenlegen müssen.

 

Es sei zwar ein großer Fortschritt, dass der Kongo inzwischen die Anforderungen der Extractive Industries Transparency Initiative bezüglich Transparenz bei den Geldflüssen aus der Rohstoffförderung erfülle, sagt Santedi. Dennoch brauche es ein wirksames Minengesetz. Denn es genüge nicht, die Geldflüsse verfolgen zu können. Es gehe auch darum, sicherzustellen, dass die Konzerne angemessen besteuert würden. Es dürfe zum Beispiel nicht länger sein, dass der Wert einer Mine vom Unternehmen selber geschätzt werde. Zu groß sei das Risiko, dass ein viel zu tiefer Wert ausgewiesen werde, um Steuern und Abgaben zu sparen.

 

Erpresstes Geld für Waffenkäufe

 

Santedi kam auch auf die Bedeutung des Rohstoffabbaus für den langjährigen Krieg im Osten und Norden Kongos zu sprechen, wo Dutzende von bewaffneten Gruppen aktiv sind. Ihnen gehe es um die Kontrolle von Rohstoffen wie Coltan. Dieses ist für die Herstellung von Mobiltelefonen und Laptops unverzichtbar.

 

Hunderttausende Arbeiter förderten die Rohstoffe im Kleinbergbau zutage und müssten den bewaffneten Gruppen dafür Steuern und Abgaben zahlen. Dieses Geld fließe dann in Waffenkäufe. Es wäre deshalb wichtig, dass die staatliche Autorität in diesen Gebieten wiederhergestellt würde.

 

Zwar seien staatliche Akteure durchaus präsent: Neben dem Gouverneur seien auch Polizei, Zoll und Armee vor Ort vertreten. Doch leider würden sie ihren Pflichten nicht nachkommen. Ein UNO-Bericht habe gezeigt, dass selbst hohe Militärs in kriminelle Machenschaften verwickelt seien. Es herrsche Straflosigkeit. Laut dem lokalen Bischof seien 2015 allein in der Gegend der Stadt Beni in der Provinz Nord-Kivu über 500 Menschen ermordet worden, ohne dass die Behörden dagegen etwas unternommen hätten.

 

Eine Mitschuld am Konflikt tragen laut Santedi die Nachbarländer: Ein großer Teil der sogenannten Konfliktrohstoffe aus dem Kongo gelange über deren Territorium auf die Weltmärkte, wie Exportstatistiken belegten. So exportiere Ruanda zum Beispiel Coltan, obwohl dort gar kein Coltan gefördert werde. Und Uganda exportiere Gold, obschon dort kein Gold abgebaut werde.

 

(Berner Zeitung, 05.04.2016 gs)








All the contents on this site are copyrighted ©.