2016-04-02 10:05:00

D: Kirchen würdigen verstorbenen Ex-Minister Genscher


Religionsvertreter haben betroffen auf den Tod des früheren Bundesministers Hans-Dietrich Genscher reagiert. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, würdigte ihn als Visionär der deutschen Außenpolitik und vorbildlichen Politiker. Genscher sei ein überzeugter Europäer gewesen, „der sich immer leiten ließ von christlichen Grundsätzen“, erklärte Marx am Freitagnachmittag in Bonn. Die Bischöfe seien ihm „dankbar für seinen guten und vertrauensvollen Dialog mit der katholischen Kirche in Deutschland“.

Marx hob die zahlreichen Auftritte des Verstorbenen bei Katholikentagen hervor, ebenso das Engagement für die kirchlichen Hilfswerke, die Genscher als Bundesaußenminister „immer positiv begleitet“ habe.

Die Synodenpräses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, bezeichnete Genscher als „europäischen Brückenbauer“, dessen Handeln stets auch durch seinen christlichen Glauben geprägt gewesen sei. „Für ihn war der Dialog zwischen Kirchen und Politik ein wichtiger Teil der gesellschaftlichen Wertediskussion. Persönlich fühlte er sich von seinem Glauben im Leben getragen“, sagte sie. Zugleich würdigte sie das kirchliche Engagement Genschers. So war er Mitglied der EKD-Kammer für öffentliche Verantwortung und engagierte sich 1999 bei der Gründung des Lutherzentrums in Wittenberg.

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, erinnerte an Genschers Einsatz für die Verständigung zwischen Ost und West. Für die jüdische Gemeinde werde zudem sein „Bemühen unvergessen bleiben, während der Olympischen Spiele 1972 die israelischen Geiseln aus der Hand der palästinensischen Terroristen zu befreien“. Genscher hatte sich damals als Geisel angeboten.

Bundespräsident Joachim Gauck bezeichnete Genscher als „herausragende Persönlichkeit in der Geschichte“ Deutschlands. „Beharrlich, allgegenwärtig und mit feinem Gespür für historische Momente hat er das friedliche Zusammenwachsen unseres Landes und unseres Kontinents vorangetrieben“, so Gauck in einem Beileidsschreiben an Genschers Ehefrau Barbara.

Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte den Verstorbenen als „weltweit geachteten Staatsmann“. Er habe das Amt des Bundesaußenministers „geprägt wie kein anderer“, unermüdlich rund um den Globus Verbindungen geknüpft und Vertrauen für Deutschland erworben. Als gebürtiger Hallenser habe Genscher „das Unrecht der deutschen Teilung nie hingenommen“.

Genscher, der der dienstälteste Außenminister der Bundesrepublik Deutschland war, starb in der Nacht zu Freitag. In seiner Amtszeit trieb der Protestant die Ausgleichspolitik zwischen Ost und West maßgeblich voran. Am 30. September 1989 überbrachte er in einer historischen Ansprache den DDR-Flüchtlingen in Prag die Botschaft, dass ihre Ausreise vom Westen bewilligt worden sei. Diesen Tag bezeichnete er später als den glücklichsten seiner politischen Arbeit. Genscher wurde 89 Jahre alt.

(kna/kap 02.04.2016 mg)








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