2016-03-24 16:01:00

Kolumbien: Warten auf das Friedensabkommen


Papst Franziskus möchte im kommenden Jahr Kolumbien besuchen. Doch vor einem päpstlichen Besuch sollten die Friedensbemühungen zwischen der kolumbianischen Regierung und Vertretern der FARC-Rebellen zu einem konkreten Ergebnis geführt haben: Zur Unterzeichnung eines gegenseitigen Friedensabkommens, über das bereits seit dreieinhalb Jahren auf Kuba verhandelt wird. Die beiden Seiten hatten ein hoch gestecktes Ziel: Nur sechs Monate nach dem historischen Handschlag zwischen Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos und FARC-Chef Rodrigo Londoño alias ,Timochenko´ in Havanna sollte das Abkommen unterzeichnet werden. 

Doch es kam bisher nicht zur Unterzeichnung, beide Seiten hatten im Vorfeld erklärt, es sei noch kein hinreichend guter Kompromiss für beide Seiten erarbeitet worden. Keine Übereinstimmung bestehe etwa weiterhin in der Frage der Waffenabgabe der noch rund 8.000 Rebellen sowie eines geplanten Referendums über den Friedensvertrag.

Christiane Schwarz ist Gründungsmitglied des Vereins kolko-Menschenrechte in Kolumbien e.V., der sich für die Wahrung aller grundlegenden Menschenrechte in Kolumbien einsetzt. Radio Vatikan hat mit ihr über das nochmalige Hinauszögern des Friedensschlusses gesprochen.

Am 23. März hätte ja ein Abkommen unterzeichnet werden sollen, das den dauerhaften Frieden zwischen der kolumbianischen Regierung und den FARC-Rebellen hätte besiegeln sollen. Jetzt kam es allerdings nicht dazu. Woran lag es denn?

Schwarz: Ich denke, dass die beiden Verhandlungsdelegationen sich in entscheidenden Punkten noch nicht einig waren. Ich glaube nicht, dass das bedeutet, dass es dieses Abkommen nicht geben wird. Die Zeit war einfach zu kurz, um zu einem sinnvollen oder für beide Seiten befriedigenden Ergebnis zu kommen.

Also würden Sie das nicht als ein Scheitern bezeichnen, sondern als eine Zeit des Nacharbeitens?

Genau, auf alle Fälle kein Scheitern. Es wurde ja auch von beiden Verhandlungspartnern gesagt, die Verhandlungen sind gar nicht in einer Krise, gar nicht, sondern man braucht einfach mehr Zeit.

Was sind denn die strittigen Punkte?

Das ist natürlich nicht in jedem Detail öffentlich, aber die Verhandlungspartner sind beim letzten Punkt der Agenda angelangt, offiziell. Dabei geht es um diese konkreten Punkte der Konzentration der Kämpfer und Kämpferinnen, der Waffenabgabe und der Wiedereingliederung ins zivile Leben. Scheinbar sind es sehr technische, logistische Probleme. Aber dahinter stehen natürlich auch vor allen Dingen Sicherheitsfragen, würde ich denken, und auch zum Teil „ideologische“ Probleme. Ich kann ein paar Beispiele nennen. Zum einen gab es viel Diskussion darüber, ob man sagt „Waffenabgabe“ oder „Waffenniederlegung“ und das ist nicht nur ein Streit über Wörter, sondern ein Streit auch über Sicherheitsfragen. Denn die FARC hat gute Erinnerungen an einen Prozess der 1980er Jahre, in dem schon ein Großteil der Kämpfer und Kämpferinnen sich demobilisiert hatte, eine politische Partei, die UP, gegründet hatte und daraufhin massiv und sehr viele Mitglieder dieser Partei, die unter anderem aus demobilisierten Kämpfern bestand, ermordet worden sind.

Es hatte sich ja in den vergangen Wochen abgezeichnet, dass das Abkommen nicht wie geplant am 23. März unterzeichnet werden würde. Aber man hätte sich doch eine irgendwie anders geartete symbolische Geste wie eine beidseitige Waffenruhe an diesem Tag erwartet. Warum kam es dazu nicht?

Das kann ich nicht genau sagen, wir hatten auch damit gerechnet, dass das geschehen würde, dass es eine Möglichkeit gewesen wären, das zu tun. Die FARC respektiert ja jetzt bereits eine einseitige Waffenruhe, die seit einigen Monaten besteht, und die zum ersten Mal in weiten Landesteilen auch eine real spürbare Veränderung für die Bevölkerung bedeutet. Warum das nun nicht beidseitig verabschiedet wurde, kann ich nicht sagen. Die Regierungsseite hat zumindest die Angriffe auf FARC-Lager aus der Luft eingestellt. Das scheint auch der realen Situation zu entsprechen, dass das seit einigen Monaten nicht mehr oder viel weniger geschieht.

Mit was für einem Zeitplan müssen wir denn jetzt rechnen nach dieser Verzögerung der Verabschiedung einer gemeinsamen Übereinkunft?

Manche reden von zwischen zwei und vier Monaten. Ich habe auch schon das Datum Ende September gehört. Meine Einschätzung ist: Wir können schon darauf vertrauen, dass es in diesem Jahr noch geschieht, irgendwann zwischen Sommer und Herbst.

Interessant ist dieses Datum ja auch im Hinblick auf eine Reiseplanung von Papst Franziskus. Denn er hatte ja selbst bekräftigt, dass er gerne nach Kolumbien reisen würde, allerdings erst nach der Unterzeichnung eines solchen Abkommens. Hat denn diese Ankündigung von Papst Franziskus den positiven Druck auf die Verhandlungspartner erhöht?

Das ist im Einzelnen natürlich nicht zu sagen, zumindest nicht mit den Informationen, die ich habe. Aber ich denke, es ist doch eine Unterstützung in dem Sinne, dass dadurch deutlich wird, die katholische Kirche unterstützt es und ist auch an der Seite der Kolumbianer und Kolumbianerinnen, in dem Moment – auch jetzt schon – aber besonders in dem Moment der Unterzeichnung und hoffentlich auch sehr stark in der Zeit nach der Unterzeichnung, denn das wird ja auch nochmal eine sehr kritische Zeit.

(rv 25.03.2016 cs)

 








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