2016-03-09 11:00:00

Libyen: Pulverfass und Durchgangsland für Flüchtlinge


Die Balkanroute für Flüchtlinge ist so gut wie geschlossen, damit steigt der Druck wieder auf die Länder im Mittelmeerraum. Dort ist die Situation aber nach wie vor nicht stabil, vor allem in den Ländern des ehemaligen „Arabischen Frühlings“. Besonders unsicher ist Libyen, wo es immer noch nicht gelungen ist, eine stabile Regierung zu bilden. Christiano Tinazzi berichtet für das italienische Programm von Radio Vatikan aus Libyen und sagt, auf den ersten Blick wirke dort alles normal, aber das Land sei wie ein „Pulverfass“. Ihm scheine das Land wie ein Bildschirmschoner, wie er sagt, man schaut und sieht, erkennt aber nicht, was sich dahinter verbirgt. „Einerseits ist Tripolis im Alltag angekommen, Polizei und Verkehr und all das ist gut geregelt. Nachts hingegen übernehmen Milizen die Herrschaft in der Stadt mit Checkpoints, vor allem anti-IS Milizen, die gegen den Terrorismus sind.“

Noch hat Libyen keine nationale Regierung, die sich der Probleme annehmen könne. In Ben Gadarne zum Beispiel, einer Stadt in Tunesien, hätten Islamisten aus Libyen die Kontrolle übernommen. Die USA reagierten vor drei Wochen mit Luftschlägen, unter Kontrolle ist die Situation aber nicht.

Der deutsche Bundesaußenminister Walter Steinmeier drängt darauf, dass die Einheitsregierung des Landes endlich von allen bestätigt werde, damit Stabilität in Libyen einkehre und sich die gesamte Region beruhige. „Das sieht im Augenblick aber gar nicht danach aus“, berichtet Tinazzi aus Tripolis. „Im Parlament hier will nur eine Minderheit den Dialog. Vor allem die Milizen wollen keine Regierung, von der sie sagen, dass sie ihnen von der UNO aufgedrängt worden sei. Die starken Männer hier haben zwar Kontakte zur Regierung, aber die Situation ist sehr heikel. Vor allem sagen sie, dass man auch mit ihnen reden müsse, nicht nur mit der Regierung, wenn man den Frieden wolle.“

Zur Zeit gibt es zwei libysche Parlamente, eines in Tripolis und eines in Tobruk. Im Dezember vergangenen Jahres hatte es ein Abkommen unter Vermittlung der UNO gegeben, eine Einheitsregierung sollte gebildet werden. Diese ist zwar Mitte Februar zu Stande gekommen, wird aber nicht von allen anerkannt, wie die fragile Situation in Libyen zeigt.

„Erst gestern hat das Parlament hier in Tripolis es mal wieder nicht geschafft, seine Zustimmung zur neuen Regierung zu geben. Tripolis und Tobruk sprechen nicht miteinander. Es gibt keinen Dialog, weil einige das nicht wollen.“

Libyen, Durchgangsland für viele Flüchtlinge nach Europa, wird 2011 und dem Sturz von Muammar al-Gaddafi von Milizen beherrscht. Der so genannte Islamische Staat nutzt die unübersichtliche Lage, um sich eine Basis im Land zu verschaffen.

 

(rv/diverse 09.03.2016 ord)








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