2016-03-03 12:23:00

Israel: „Jüdisches Interesse an Christentum wächst“


In Israel ist das jüdische Interesse am Christentum und am Dialog mit der katholischen Kirche denkbar gering, aber es wächst: Das hat die jüdische Historikerin Dina Porat bei einem Vortrag an der Universität Wien unterstrichen. Zwar gebe es ein Interesse an politischen Aussagen, die etwa die Anerkennung des Staates Israel durch den Vatikan und Absagen an jede Form christlich motivierten Antisemitismus betreffen. Darüber hinaus aber gebe es unter ihren Landsleuten ein „erstaunlich geringes Interesse“ am Christentum, sagte die an der Universität Tel Aviv lehrende und in Yad Vashem tätige Historikerin am Mittwoch. Dabei lobte Porat ausdrücklich die katholischen Bemühungen und Erklärungen zum Judentum, die von einer echten Kehrtwende im katholischen Denken zeugten.

Doch das Interesse wachse, „es gibt Hoffnung“, so Porat. Diese Hoffnung basiere nicht zuletzt auf den positiven Impulsen, die vom Vatikan, von Päpsten und offiziellen Erklärungen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) ausgegangen sind. Auch wenn Papst Pius XII. (1939-1958) aufgrund seines „Schweigens zum Holocaust“ für Juden weiterhin „ein rotes Tuch“ sei, so zeitige doch die christliche Kehrtwende im Verhältnis zum Judentum, die im Konzilsdokument „Nostra Aetate“ (1965) ihren ersten und bis heute nachhaltigsten Ausdruck fand, heute - 50 Jahre nach dem Konzil - endlich Früchte: So habe ihre jüngste Publikation, die aus hebräischen Übersetzungen zahlreicher offizieller vatikanischer Dokumente und päpstlicher Erklärungen bestand, starke Nachfrage und hohen Absatz in Israel gefunden, erklärte Porat.

Ausdrücklich bedauerte Porat das bisherige Schweigen von jüdischer Seite auf die verschiedenen katholischen Erklärungen und Initiativen. Zwar habe es vereinzelt Stimmen von Intellektuellen, Rabbinern oder Politikern gegeben, „jedoch kein offizielles Statement, welches repräsentativ wäre“.

Den Grund für das bisherige jüdische Desinteresse macht Porat in einer unterschiedlichen Erwartungshaltung und bleibenden Verdachtsmomenten aus: „Zum einen haben wir als Juden ein langes Gedächtnis. 50 Jahre sind eine kurze Zeit angesichts einer Jahrtausende alten Leidensgeschichte. Daher gibt es auf jüdischer Seite weiterhin Skepsis gegenüber dem Christentum.“ Außerdem sei man von jüdischer Seite nicht an einem theologischen Dialog interessiert, wie ihn die katholische Kirche führe. „Wir interessieren uns für zwei Dinge: Die vollständige Anerkennung des Leidens des jüdischen Volkes im Holocaust und die volle Anerkennung des Staates Israel mit Jerusalem als Hauptstadt.“ Auf diese beiden Punkte hin werde jede päpstliche Aussage und jedes Dokument gelesen, so Porat.

 

(kap 03.03.2016 sk)








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