2016-02-17 19:30:00

Papst: Problem der Sicherheit nicht durch Knast gelöst


Das Problem der Sicherheit in Mexiko kann nicht nur das Gefängnis lösen, sondern es braucht ein gesundes System, forderte Papst Franziskus. Er hat an diesem Mittwoch das Gefängnis „Centro de Readaptación Social 3” in Ciudad Juárez besucht - eines der berüchtigtsten Gefängnisse in Mexiko. Sein Besuch in diesem Gefängnis war gerade nach der jüngsten Revolte in einem anderen mexikanischen Gefängnis mit Dutzenden Toten mit Spannung erwartet worden. Franziskus hat dort 700 männliche und 100 weibliche Häftlinge, 250 Familienangehörige und rund 100 Gefängnisseelsorger getroffen, streng bewacht von Sicherheitsbeamten. Ein Häftlingsorchester spielte für den Papst, und eine Gefangene erzählte ihre Lebensgeschichte. Mit seinem Besuch will Papst Franziskus auch auf gravierende Missstände im mexikanischen Justizvollzug hinweisen.

Manchmal scheine es, so der Papst, als ob Gefängnisse die Menschen nur wegsperrten und die Menschen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft nicht ausreichend gefördert würden. „Das Problem der Sicherheit erledigt sich nicht allein durch Inhaftierung, sondern es ist ein Aufruf zum Eingreifen, indem man die strukturellen und kulturellen Ursachen der Unsicherheit bekämpft, die das gesamte soziale Gefüge schädigen.“

Noch vor fünf Jahren galt das Gefängnis „Cereso 3“ als das gefährlichste überhaupt auf der Welt. Immer wieder wurden Häftlinge umgebracht, Mädchen entführt und dort prostituiert. Die Sicherheitsbeamten hatten die Kontrolle längst verloren. Es hat sich einiges verbessert, doch nach wie vor gibt es erhebliche Missstände. Der Papst-Besuch legt den Finger in eine der vielen Wunden Mexikos. „Wir wissen, dass man das Rad nicht zurückdrehen kann, wir wissen, dass das Geschehene geschehen bleibt. Darum wollte ich mit euch das Jubiläum der Barmherzigkeit feiern, denn das will nicht heißen, dass es keine Möglichkeit gibt, von jetzt an eine neue Geschichte zu schreiben.“

Experten beschreiben das mit größte Problem der mexikanischen Gefängnisse so, dass die Sicherheitsbeamten lediglich die Außenmauern absichern, im Gefängnis selbst herrsche aber derjenige, der am gewalttätigsten sei. Doch Papst Franziskus erinnerte sie daran, dass sie, die Inhaftierten, zwar bereits die Kraft des Schmerzes und der Sünde kennen, doch sie sollten nicht die Kraft der Auferstehung vergessen, die alles neu machen könne. „Jetzt kommt vielleicht der härteste, der schwierigste Teil auf euch zu, doch damit es der sei, der am meisten Frucht bringt, müsst ihr von hier drinnen aus darum ringen, dass die Situationen umgekehrt werden, die zu weiterer Ausschließung führen. Sprecht mit euren Lieben, erzählt ihnen eure Erfahrung, helft, den Teufelskreis der Gewalt und der Ausschließung zu stoppen!“

Wer in Mexiko ins Gefängnis kommt, ist automatisch ausgeschlossen, an den Rand der Gesellschaft gedrängt, so auch die Familien. Genau das prangert auch Papst Franziskus in seiner Rede an. Es brauche eine Gesellschaft, in der jedes Kind zur Schule gehen, jeder Erwachsene würdige Arbeit finden und jeder Zugang zum Gesundheitssystem haben kann. Das seien nur einige der Mittel, um das Problem der Sicherheit schon an der Wurzel zu packen, bevor es zur Straftat kommt, beschreibt Franziskus. „Die Wiedereingliederung oder Rehabilitierung beginnt, indem man ein System schafft, das man als ein System sozialer Gesundheit bezeichnen könnte. […] Ein System sozialer Gesundheit, das sich bemüht, eine Kultur hervorzubringen, die handelt und versucht, jenen Situationen, jenen Wegen vorzubeugen, die am Ende das soziale Gefüge verletzen und verderben.“

Doch nicht nur die Gesellschaft außerhalb der Gefängnismauern solle sich um ein gesundes System kümmern, damit Mexiko die Kriminalität in den Griff bekommt. Papst Franziskus nimmt auch die Inhaftierten im Cereso 3 in die Verantwortung. „Wer den Schmerz bis zum Äußersten erlitten hat und – wir könnten sagen – ‚die Hölle durchgemacht hat‘, kann ein Prophet in der Gesellschaft werden. Arbeitet dafür, dass diese Gesellschaft, die gebraucht und wegwirft, keine weiteren Opfer fordert!“

Zu Beginn seiner Ansprache bedankte sich Papst Franziskus beim Personal, den Beamten der Gefängnispolizei und auch bei den Seelsorgern für ihren Einsatz. Er ermutigte sie in ihren Aufgaben und erinnerte sie daran, dass man sich gegenseitig brauche, um vorwärts zu kommen. Häftlinge hatten dem Papst einen Kreuzstab aus Holz angefertigt, den sie ihm als Geschenk überreichten. Der Kreuzstab ist der Hirtenstab der Bischöfe.

(rv/kna 17.02.2016 pdy)








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