2016-02-10 14:39:00

Bruder Paulus: „Innerkirchlich Finger in die Wunde legen“


Kirche ist keine Zuchtmeisterin mehr, sondern eine gütige Mutter und ein fester Vater. Das sollen nun auch die Missionare der Barmherzigkeit zeigen, sagt Bruder Paulus Terwitte. An diesem Aschermittwoch sendet Papst Franziskus seine Missionare der Barmherzigkeit aus. Sie erhalten Vollmachten, in der Beichte von Sünden loszusprechen, die im Normalfall nur dem Heiligen Stuhl obliegen. Nicht so während des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit, nicht so mit Papst Franziskus. Einer von diesen Missionaren der Barmherzigkeit ist Bruder Paulus Terwitte aus Frankfurt, besser bekannt aus Sat1 oder N24 als einer der Fernsehpfarrer. Seine Bekanntheit will er nun auch für den Auftrag des Papstes nutzen. Pia Dyckmans sprach mit ihm über seine neue Berufung.

Radio Vatikan: Bruder Paulus, was bedeutet es für sie ganz persönlich, Missionar der Barmherzigkeit zu sein?

Bruder Paulus: „Für mich selbst bedeutet es, dass ich noch aktiver davon sprechen will, dass wir sagen, dass Gott der Barmherzige ist. Dann würde ich gerne auf den sozialen Netzwerken wie Facebook, wo ich auch unterwegs bin, Menschen einladen, die keinen Glauben mehr an ihre Zukunft haben – ob sie Christen sind oder nicht – ins Gespräch zu kommen. Weil für mich heißt Barmherzigkeit vor allen Dingen, Gott ist mehr an deiner Zukunft interessiert als an deiner Vergangenheit. Ich hoffe, dass durch diese Kampagne des Papstes sich auch viele Menschen berühren lassen und sagen, dass die Kirche doch nicht mehr diese strenge Zuchtmeisterin, die sie Jahrhundertelang gewesen ist, auch über die Beichtstühle – darum sind die jetzt auch so leer. Sie ist jetzt vielmehr eine gütige Mutter, vielleicht auch ein fester Vater, der seine Meinungen hat, aber eigentlich auch will, dass jedes Menschenkind zu seiner persönlichen Entfaltung kommt, ganz nach Gottes Willen.“

RV: Was macht für sie einen guten Missionar der Barmherzigkeit aus?

Paulus: „Der gute Missionar der Barmherzigkeit ist im Auftrag des Papstes unterwegs, das Wesen der Kirche an den unterschiedlichen Stellen dieser Welt deutlich zu machen. Das will ich erstens innerkirchlich. Besonders indem ich noch deutlicher auf der Seite der Opfer von sexuellem Missbrauch stehe. Ich habe das Gefühl, wenn ich meine Kontakte sehe in den zwei Fällen, die ich im deutschsprachigen Raum betreue, dass manche Bischöfe glauben, diese Dinge könnte man zu den Akten legen und dann wäre das erledigt. Ich möchte als Missionar der Barmherzigkeit auch innerkirchlich einen Finger auf die Wunden legen. Das zweite ist natürlich, dass ich bezüglich der Streitfragen der Kirche mit den einzelnen Personen – wiederverheiratete Geschiedene, Homosexuelle, die verpartnerschaftlicht sind, mit Priestern, die keine mehr sind – mit all denen zusammen sein und mit ihnen sprechen will. Und hoffentlich kann ich am Ende des Jahres dem Nuntius einen Brief schreiben, um zu sagen, ich will dem Papst auch erzählen, was sich an der Basis in dem Jahr getan hat, soweit das möglich ist und nicht in den Rahmen des Beichtgeheimnisses gehört.“

RV: Sie sind viel in sozialen Netzwerken unterwegs, in Deutschland kennt man Sie vor allem durch ihre Sendungen in Sat.1. Wie wollen Sie Ihren Auftrag dort rüberbringen? Wie können Sie dort diejenigen erreichen, die zweifeln oder mit der Kirche hadern?

Paulus: „Ich glaube, dass wir mit dem Thema Barmherzigkeit in einer unbarmherzigen Welt sehr viel Anklang finden können. In einer Wirtschaftswelt, in der alles nach der Mathematik zu funktionieren hat. Wir erleben jetzt in Deutschland, wie viele Bundesbürger glauben, sie könnten die barmherzige Entscheidung von der Bundeskanzlerin für Flüchtlinge mit Recht und Gesetz Lügen strafen oder noch schlimmer, sie könnten jetzt anfangen über Menschen Urteile zu fällen. Da gibt es bedenkliche Entwicklungen, wo wir noch einmal deutlich sagen müssen, es gibt auch Situationen, wo man Fünfe auch mal gerade sein lassen muss. Ich glaube, dass viele Menschen darauf warten, dass sie eine starke Partnerin an die Seite bekommen und das will in diesem Fall die katholische Kirche sein.“

RV: Missionare der Barmherzigkeit auszusenden mit besonderen Vollmachten, die eigentlich nur dem Heiligen Stuhl obliegen, ist eine neue Idee. Jetzt geschieht alles auf der lokalen Ebene. Wofür braucht es das im Heiligen Jahr?

Paulus: „Es braucht vor allen Dingen, um eine politische Strategie des Papstes durchzusetzen, die das Ortskirchen-Prinzip stark hervorhebt. Alles an Rom zu binden und eine heilige Pönitentiarie ist von Vorgestern. Die Ortsbischöfe sind diejenigen, die Christus, der in jeglicher frommen Versammlung gegenwärtig ist, repräsentieren und der Papst möchte, dass die Ortskirchen wissen, sie haben Vollmachten, die ihnen Christus verleiht. Gerade auch mit den Missionaren der Barmherzigkeit soll deutlich gemacht werden auf einer höheren Ebene, was der Papst kann, das können wir auch.“

(rv 10.02.2016 pdy)








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