2016-01-25 11:33:00

Ein Konklave für Syrien


Während die Großmächte, Vertreter der syrischen Regierung und Oppositionelle darum ringen, in Genf die Friedensgespräche zu Syrien wieder aufzunehmen, geht die Gewalt im Land weiter. Für den armenischen Erzbischof von Aleppo, Shahan Sarkissian, ist es „unglaublich“, dass sich niemand wirklich für ein Ende der Gewalt in Syrien einsetzt. Das sagte er im Gespräch mit Radio Vatikan bei einem Besuch in Rom.

„Die Tragödie in Aleppo geht weiter. Wer heute unsere Stadt sieht, kann sich nicht mehr vorstellen, wie es früher vor dem Krieg bei uns aussah. Im Augenblick haben wir kein Wasser, keinen Strom, und auch jegliche Kommunikationsmöglichkeiten fehlen. Außerdem ist es Winter und folglich kalt. Wir wärmen uns dadurch, dass wir Benzin verbrennen; die Menschen leiden extrem.“

Der Alltag in Aleppo sei geprägt von Kämpfen. Wer die Stadt verlassen wolle oder, umgekehrt, Hilfen in die Stadt hineinbringen wolle, der müsse durch eine enge Straße hindurch: Sie sei der letzte freie Zugang.

„Es gibt vier Arten von Hilfen, die wir benötigen: Erstens brauchen wir Nahrungsmittel, zweitens brauchen wir Ärzte, drittens brauchen wir, sobald die Bombardements aufhören, neue Fenster und Türen vor allem bei Schulen, und viertens brauchen wir die Schulbildung. Wir unterstützen derzeit vor allem Jugendliche, damit sie Bücher und Material für die Bildung haben, auch bezahlen wir Lehrer.“

Im syrischen Aleppo leben elf christliche Konfessionen. Der Bürgerkrieg habe sie enger zusammengeführt, berichtet der Bischof. Es sei eine Ökumene, die von „Martyrium und gemeinsamem Leiden“ geprägt sei.

„Das gilt aber auch für das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen. Der Krieg hat diesbezüglich sehr viel verändert. Eines Tages werden wir auch darüber sprechen müssen, wie der Krieg unsere Beziehungen verändert hat. Der Krieg hat nicht nur Häuser zerstört, er hat auch die Mentalitäten verändert. Vor dem Krieg gab es keine Ghettos bei uns, Christen und Muslime lebten Tür an Tür, auch wenn es christlich geprägte Stadtviertel gab. Heute gibt es eine Vermischung, und niemand schaut mehr auf die Religionszugehörigkeit.“

Deshalb sei es wichtig, dass es bald zu einer politischen Lösung komme, so Sarkissian. Eine militärische Lösung hält er für ungeeignet. Ein Lösungsweg könnte das Konklave-Modell sein, sagt er: „In der katholischen Kirche wird ein Papst im Konklave gewählt. Auch wir sollten alle Beteiligten in einen Raum bringen und sie dann dort einschließen, bis sie eine Lösung gefunden haben. Die Syrer sind in der Lage, eine Lösung zu finden! Einen anderen Ausweg kenne ich nicht. Resolutionen der Vereinten Nationen oder des UNO-Sicherheitsrates reichen jedenfalls nicht.“

(rv 25.01.2016 mg)








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