2016-01-12 15:10:00

Italien: Ein Land der Ein- und der Auswanderung


Immer mehr junge Italiener wandern aus, und zugleich bleibt die Zahl der Immigranten über das Mittelmeer dramatisch hoch. Darüber informierte an diesem Dienstag die italienische bischöfliche Stiftung Migrantes, geleitet von dem Priester Gian Carlo Perego. Während im vergangenen Jahr mehr als 100.000 Italiener ihrem Heimatland den Rücken kehrten, legten rund 153.000 Menschen mit Booten an den italienischen Küsten an. Das entspricht einem Minus von neun Prozent im Vergleich zu 2014, weil viele Migranten aus Nahost, Afrika und Asien 2015 den Weg über die Türkei und Griechenland wählten, um nach Europa zu gelangen, erklärte Perego. Diese östliche Route wählten 850.000 Flüchtende, also rund fünfmal so viele wie jene, die 2015 in Italien anlegten.

Innerhalb Italiens gingen abermals auf Lampedusa die meisten Flüchtlingsboote ein, nämlich 168. Von Bord gingen auf der Insel nahe Tunesien mehr als 21.000 Menschen. Etwa gleichauf liegt inzwischen als Flüchtlingshafen die ost-sizilianische Stadt Augusta. Losgefahren waren 85 Prozent der Boote und damit mit Abstand die meisten in Libyen. Weniger als jedes zehnte kam aus Ägypten und nur einige Tausend aus der Türkei, Griechenland und Tunesien.

Die meisten Immigranten, die Italien über das Mittelmeer erreichen, stammen aus Eritrea, gefolgt von Nigeria, Somalia, und Sudan, wobei sich die Zahl der Sudanesen im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht hat. Stark gesunken ist dagegen die Zahl der in Italien ankommenden Syrer, die 2015 bei weniger als 7.500 lag. Insgesamt stammen die im Vorjahr in Italien angekommenen Flüchtlinge aus nicht weniger als 65 verschiedenen Ländern, informierte die Stiftung Migrantes.

Die Zahl der Asylanträge in Italien ist um 40 Prozent gestiegen und lag bei fast 83.000. Zugleich beschleunigten die zuständigen Behörden ihre Arbeit: sie sprachen nahezu doppelt so viele Asylentscheidungen aus, gut 70.000. Davon waren wiederum mehr als die Hälfte Ablehnungen. Einen internationalen Schutztitel erhielten in Italien knapp 30.000 Menschen, das entspricht 42 Prozent der Anträge. Etwa sechs Prozent Immigranten tauchten unter. Als fragwürdige Tendenz verzeichnete die Stiftung Migrantes, dass die italienischen Behörden 2015 erheblich mehr Asylanträge negativ beschieden als noch im Jahr davor. 2014 hatten 60 Prozent der Asylsuchenden einen positiven Bescheid erhalten, 37 Prozent wurden abgelehnt. „Eine Frage ist legitim: wird der internationale Schutz in Italien schwächer?“, fragte Perego.

Der Präsident der kirchlichen Stiftung forderte unter anderem reguläre Einreisemöglichkeiten für Asylsuchende in Europa, besonders für Flüchtlinge in großen Lagern in der Nähe von Konfliktzonen wie Syrien. Eine solche Maßnahme würde den Menschenhandel eindämmen und den nicht hinnehmbaren Tod Tausender im Meer verhindern.

(rv 12.01.2016 gs)








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