Mit Jahresbeginn ist der Grundlagenvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Palästina in Kraft getreten. Wie der Vatikan am Samstag mitteilte, bestätigten beide Seiten schriftlich, dass das im Juni unterzeichnete Abkommen mit den jeweiligen Rechtsbestimmungen vereinbart sei. Der 32 Artikel umfassende Vertrag kam nach sechsjährigen Verhandlungen zustande und regelt das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und den staatlichen Behörden in den Palästinensergebieten. Zugleich soll er nach vatikanischen Angaben eine friedliche Verhandlungslösung im palästinensisch-israelischen Konflikt fördern. Der Heilige Stuhl erkennt damit erstmals in einem offiziellen Dokument den Staat Palästina an.
Der palästinensische Außenminister Riad Al-Malki und sein vatikanischer Amtskollege Paul Richard Gallagher unterzeichneten den Grundlagenvertrag am 26. Juni im Vatikan. Gallagher betonte damals, er hoffe, dass das Abkommen einen Anstoß bilde, „den lange andauernden israelisch-palästinensischen Konflikt, der weiterhin auf beiden Seiten Leiden verursacht, definitiv zu beenden“. Der Vertrag könne zudem ein Modell für andere arabischen Staaten mit islamischer Mehrheit sein, so Gallagher.
Das Vertragswerk soll das Leben und die Aktivitäten der katholischen Kirche fördern
und rechtlich anerkennen, und ihr so einen wirksamen Dienst für die Gesellschaft ermöglichen.
Nach einer Präambel nennt der Vertrag in einem ersten Kapitel Prinzipien und grundlegende
Normen für die Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten. Ausdrücklich wird dabei der
Wunsch nach einer Friedenslösung zwischen Israelis und Palästinensern im Rahmen einer
Zwei-Staaten-Lösung hervorgehoben. Im zweiten Kapitel finden sich detaillierte Aussagen
zur Religions- und Gewissensfreiheit. Weiter geht es um das konkrete Leben der Kirche
in den Palästinensergebieten, ihre Handlungsfreiheit, ihr Personal und ihre Rechtsstellung.
Dann werden Fragen ihrer Gotteshäuser und der sonstigen Kultorte, einschließlich der
Heiligen Stätten behandelt. Schließlich werden die Aktivitäten der Kirche im sozialen
und karitativen Bereich sowie im Mediensektor rechtlich verankert. Zudem umfasst es
auch Steuer- und Eigentumsfragen der Kirche.
Das israelische Außenministerium reagierte darauf mit Kritik. Der Grundlagenvertrag gefährde die Chancen eines Friedensabkommens und rücke direkte bilaterale Verhandlungen noch weiter in die Ferne. Israel werde die einseitigen Entscheidungen nicht akzeptieren, da diese „die vitalen Interessen des Staats Israel und den einzigartigen historischen Status des jüdischen Volkes und Jerusalems“ nicht berücksichtigten.
Der Grundlagenvertrag baut auf einem Abkommen auf, das der Heilige Stuhl im Februar 2000, wenige Wochen vor der Reise von Johannes Paul II. (1978-2005) ins Heilige Land, mit Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO geschlossen hatte. Es handelte sich damals um eine weitgesteckte Absichtserklärung, in der grundsätzliche Rechte und Freiheiten für die Wahrnehmung kirchlicher Aufgaben in Seelsorge, Schul-, Kultur- und Sozialdienst sowie beim wirtschaftlichen und rechtlichen Handeln geregelt wurden. Es sei kein Rechtsvertrag und kein politisches Abkommen, betonte man damals im Vatikan. Der Text wolle nicht künftigen Entwicklungen und auch nicht der Ausrufung eines Palästinenserstaates vorgreifen. Dennoch sah man damals bereits Klärungsbedarf für Rolle, Rechte und Aufgaben der Kirche in den autonomen Gebieten von Bethlehem bis Jericho, von Ramallah und Jenin.
Schon im damaligen Text wurden die Prinzipien der Menschenrechte einschließlich der Religionsfreiheit und die Gleichheit aller Bürger bekräftigt. Diese Prinzipien sollen nun verbindlich festgeschrieben sein. Der Vertrag soll helfen, das Leben der Katholiken im Staat Palästina zu erleichtern. Ihre Situation hat sich wie für alle Christen, deren Zahl mit zwei Prozent abgegeben wird, in den letzten Jahren keinesfalls verbessert. Der Exodus gerade aus Christi Geburtsstadt Bethlehem hält weiterhin an. Ganz zu schweigen von der Lage der wenigen Christen im Gazastreifen.
(kna/kap 02.01.2016 cz)
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