2015-12-26 10:22:00

Irak: „Wir wollen nicht Weihnachtsbäume, sondern Rechte!“


Weihnachten im Irak ist eine ziemlich triste Angelegenheit. „Wir feiern unter Tränen, schweigend“, sagt uns der Patriarch Louis Sako per Telefon aus Bagdad.

„Wir haben entschieden, keinerlei öffentlichen Feiern abzuhalten und auch auf jedwede Weihnachtsdekoration zu verzichten. Damit wollen wir den Muslimen sagen: Das ist nicht gerecht, wir sind Bürger wie ihr und nicht etwa Bürger zweiter Klasse! Die Regierung hat einen sehr großen, 25 Meter hohen Weihnachtsbaum hier in der Nähe des Patriarchats in einem Garten aufstellen lassen. Auch vor dem Parlament steht so ein Baum. Aber uns bedeutet das gar nichts. Wir wollen gleiche Bürgerrechte – das wäre es, was uns Hoffnung auf eine bessere Zukunft gäbe!“

Auch Jesus sei vor zweitausend Jahren in Armut und sozusagen am Straßenrand geboren worden, sagt Sako. „Er und seine Familie sind Flüchtlinge. Nicht nur das: Er wird damals genauso bedroht, wie das heute den Christen widerfährt, und muss Betlehem oder Nazareth verlassen, um nach Ägypten zu flüchten. Auch unsere Christen haben angesichts der Bedrohung alles verlassen müssen, aber diese Bedrohung wird einmal enden. Ich bin sicher, dass die Dörfer in der Ninive-Ebene und bei Mossul bald befreit werden; dann können die Christen zurückkommen und feiern.“

Von einem Sturm zur Rückeroberung der Millionenstadt Mossul, die von der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ gehalten wird, ist allerdings derzeit weit und breit nichts zu sehen. Zwar hat der „Islamische Staat“ in den letzten Monaten hier und da Territorium eingebüßt, doch die schlagkräftige Bodentruppe, die ihm Mossul wieder entreißen könnte, existiert im Moment einfach nicht.

„Ich habe kein Recht, die Leute daran zu hindern, dass sie das Land verlassen – das ist eine persönliche, familiäre Entscheidung. Aber wirklich, ich hoffe, dass alle hierbleiben, denn hier ist unsere Identität, und vor allem ist das auch unsere Berufung! Wir sind Missionare. Wir sind eine missionarische Kirche, wir haben das Evangelium bis nach China und nach Indien gebracht. Heute sind wir mitten in der muslimischen Mehrheit Missionare in anderer Hinsicht: Wir stehen für Vergebung und das Zusammenarbeiten von allen, in Freude und Geschwisterlichkeit.“

(rv 26.12.2015 sk)








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