2015-12-15 13:15:00

Dialog in Zeiten des Terrors: Europa kann sich nicht abkapseln


Auch in Zeiten des Terrors braucht es eine Haltung des Dialogs. Das war die Botschaft des „Außenministers“ des Vatikan, Erzbischof Richard Gallagher, bei einer Veranstaltung zum Thema „Dritter Weltkrieg in Etappen? Die Vatikan-Diplomatie heute“ im französischen Kulturinstitut an diesem Montag. Angesichts einer Terrorgruppe wie dem Islamischen Staat, die den Westen grundsätzlich und in jeder Hinsicht ablehne und bekämpfe, sei die Diplomatie – auch die vatikanische – bisweilen machtlos. „Aber es reicht nicht, sich diesem Gefühl hinzugeben und paralysiert zu sein“, so Gallagher. „Wir müssen uns dieser Situation bewusst werden und sie analysieren, warum diese Dinge passieren. Und wir müssen auf eine christliche und humane Art und Weise reagieren. Die Regierungen haben nun ein Sicherheitsproblem, das sie lösen müssen. Aber man muss auch die Wurzeln des Problems bekämpfen.“

Man müsse sich eben auch fragen, wie es dazu kommen konnte, dass Europa und die westlichen Gesellschaften derartigen Hass von einzelnen Menschen und Gruppierungen auf sich gezogen haben, sodass jegliche Basis für den Dialog entzogen zu sein scheine. Die europäischen Gesellschaften müssten sich auch bewusst werden, dass sie nicht mehr im 19. Jahrhundert lebten, wo sie sich mit ihren Errungenschaften und Idealen abkapseln könnten und nur ihre Partikularinteressen durchsetzen könnten. „Wir leben in einer globalisierten Welt“, fasste Gallagher das zusammen. Afrikanische Länder und der Nahe Osten seien nicht weit weg, sondern mittlerweile Nachbarn. Mit den Menschen dort, insbesondere den Jungen, gelte es, solidarisch zu sein. Auch müsse die Verantwortung westlicher Länder an bewaffneten Konflikten in diesen Ländern gesehen werden: den internationalen Waffenhandel gelte es zu stoppen. Auch der interreligiöse Dialog sei hier entscheidend, um mit den verschiedenen Religionsgemeinschaften gegen Konflikte vorzugehen.

 

Dritter Weltkrieg?

In seiner an diesem Dienstag vorgestellten Friedensbotschaft spricht Papst Franziskus wieder vom „Dritten Weltkrieg in Abschnitten“, was in der Öffentlichkeit nicht nur auf Zustimmung stößt. „Wir sprechen von einem dritten Weltkrieg, weil die aktuellen Konflikte komplex und miteinander verwoben sind,“ erklärte Gallagher. „Darin liegt die Gefahr. Denn die Dinge, die heute in Frankreich geschehen, können Auswirkungen auf den Nahen Osten haben und umgekehrt. Am Heiligen Stuhl versuchen wir, unsere diplomatische Arbeit mit den Vereinten Nationen und unseren Partnern fortzusetzen und auch mit den Priestern der Kirchen zusammenzuarbeiten, um unsere bedrohten Gemeinschaften zu beschützen. Uns geht es darum, den Dialog und Frieden in der Welt fortzusetzen und immer nach einer diplomatischen, politischen Lösung in den großen Konflikten unserer Zeit zu suchen.“

Europa selbst stecke sowohl spirituell als auch mit seinen Werten in einer Krise, betonte der Vatikan-Diplomat. Das sehe man an der großen Krise Europas, der Flüchtlingskrise. Papst Franziskus fordert in seiner Friedensbotschaft eine bessere Integration von Flüchtlingen. Auch Erzbischof Gallagher betont, dass es hierbei nicht bei rein symbolischer Hilfe bleiben dürfe, die am Ende doch keine Substanz habe. Europa müsse sich hier auch wieder auf seine Werte besinnen und sich zu einem Kompromiss bei der Aufnahme der Flüchtlinge durchringen.

„Ich habe bereits mehrfach gesagt, dass die europäischen Länder ihre Gesellschaften widerspiegeln. Es gibt unterschiedliche Aufnahmekapazitäten und Traditionen. Es gibt Länder, die in den 50er und 60er Jahren regulär Flüchtlinge aufgenommen haben, andere nicht. Das muss man berücksichtigen. Auf der anderen Seite müssen alle gemeinsam einen Kompromiss finden, den die Europäische Union umsetzen kann. Sonst wird die Lage in Europa sowohl für die einzelnen Länder innenpolitisch, aber auch für die ganze Union sehr schwierig.”

 

(rv 15.12.2015 cz)








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