2015-12-07 15:48:00

D: Kirche muss „Dilemmata“ der Politik wahrnehmen


Die Kirche müsse die „Dilemmata“ wahrnehmen, „in denen Politik sich bewegt“. Bezugnehmend auf die aktuelle Flüchtlingssituation, schrieb das der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Heinrich Bedford-Strohm, in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am Montag. Christen seien laut dem Bischof in der Flüchtlingshilfe sehr engagiert: „Wir wollen im Hier und Jetzt mit anpacken.“ Die Kirche nehme eine „mitunter erschreckende Realität“ wahr und handle deshalb. Bedford-Strohm bezieht sich in seinem Beitrag auf Martin Luther, wenn er darauf pocht, dass Recht und Barmherzigkeit „kein Gegensatz“, sondern aufeinander zu beziehen seien: Es dürfe keine „Arbeitsteilung“ von Kirche und Politik geben, wonach „die Kirchen für Humanitätspostulate und die Politik für konkretes Handeln“ zuständig seien. Mit den Worten des Juristen Udo Di Fabio betonte der Bischof, dass die Kirchen den politischen Prozess „irritieren“ und Stellung beziehen. Wie und an welcher Stelle dies passiert, sei „sorgsam“ abzuwägen.

Bedford-Strohm sieht die Bekämpfung der Fluchtursachen als wichtige Maßnahme. Es müsse eine „solidarische Verteilung auf viele Länder und die Sicherstellung von Schutz in diesen Ländern“ gewährleistet werden, außerdem „Bedingungen, die ein Leben in Würde ermöglichen“. Eine Abschottung gegenüber Flüchtlingen sei mit dem christlichen Ethos unvereinbar. Es brauche einheitliche Verfahren, in denen Flüchtlinge registriert werden, und Asylverfahren, die zeitnah durchgeführt werden.

Drei „konkrete Impulse“ der Kirche

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche betonte in seinem Artikel, dass es von kirchlicher Seite drei konkrete Impulse auf Basis der Goldenen Regel als „Programmformel“ und ethische Orientierung geben könne. Wer erstens die Option für die Schwachen beherzige, der könne „die Flüchtlingspolitik Deutschlands nur begrüßen“, so Bedford-Strohm. Funktionalität und Humanität müsse verbunden werden, um „die Brücke zwischen Empathie und Professionalität“ in der Flüchtlingsfrage zu schlagen.

Zweitens strich der Bischof hervor, dass aus kirchlicher Sicht durch eine Begrenzung des Flüchtlingszugangs keine „Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal“ jener Menschen herrschen dürfe, die in Not sind. Sollte es Beschränkungen geben, müsse ein „würdiges Leben anderswo“ sichergestellt sein. „Dringenden Handlungsbedarf“ sieht Beford-Strohm in den Flüchtlingslagern des Nahen Ostens. Ein Leben in Würde sei für die Menschen dort mit den im Moment bereitgestellten Mitteln nicht möglich.

Drittens gilt es für Bedford-Strohm, ein großes Augenmerk auf die Integration zu legen, besonders auf das Erlernen der deutschen Sprache und die Orientierung an den Normen und Werten des Grundgesetzes. Diese „große Aufgabe“ müsse „beherzt angegangen werden“. Er appelliert an den Staat, der seiner Verantwortung gegenüber den Flüchtlingen gerecht werden müsse. Der interreligiöse Dialog in Deutschland spiele dabei außerdem eine „wichtige Rolle“. Dieser verfehle sein Ziel, sollten „aus Konfliktscheu menschenrechtswidrige Überzeugungen und Praktiken nicht kritisiert werden“.

(rv 07.12.2015 ma)








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