2015-11-12 11:15:00

Steht Burundi vor einem Völkermord?


Das Drehbuch ist dasselbe, die Konstellation ist erschreckend ähnlich: Burundi könnte auf einen Völkermord zusteuern, wie ihn Ruanda 1994 erlebt hat. Seit dem letzten April steigt das politische und ethnische Fieberthermometer im Land. Damals erklärte Präsident Pierre Nkurunziza entgegen der Verfassung seine Kandidatur für eine Wiederwahl – und erreichte sie bei den Wahlen vom Juli auch. Um den Preis von über 250 Toten bei blutigen Zusammenstößen, und um den Preis eines kontinuierlichen Flüchtlingsstroms und wachsender Spannung unter Hutus und Tutsis. Die Regierungspartei wirft Belgien vor, die Opposition zu bewaffnen und Burundi wieder kolonisieren zu wollen.

„Das Land bräuchte jetzt ein Innehalten, einen Moment der Weisheit, der Intelligenz, um nicht weiter in einen Bürgerkrieg hineinzurutschen.“ Das sagt der langjährige Missionar in Burundi, Gabriele Ferrari, im Gespräch mit Radio Vatikan. Vielleicht sei es sogar schon zu spät, fürchtet der frühere Generalobere der Xaverianer-Patres. „Ursprünglich war diese Krise nur politischer und sozialer Natur, aber jetzt erhält sie immer stärker eine ethnische Komponente. Die Gegenden, in denen der Präsident am meisten Widerstand erfährt, sind vor allem von Tutsi bewohnt, und darum setzt man allmählich Tutsis und Opposition in eins. Gleichzeitig kann die Regierung aber eigentlich nicht übersehen, dass auch viele Hutus gegen sie sind. Die Karte, die die Regierung jetzt gezogen hat, ist die des Aufwiegelns von Hutus gegen Tutsis. Und natürlich riskiert man so einen ethnischen Konflikt. Ich hoffe wirklich nicht, dass man da in einen Genozid rutscht, aber die Gefahr besteht schon. Eine Gefahr, die nie ganz gebannt worden ist, sondern nur für eine Weile unter der Oberfläche ruhte. Wir stehen vor einem neuen Bürgerkrieg.“

Jeden Morgen lägen Leichen auf den Straßen, so Pater Ferrari. Viele davon zeigten Spuren von Folter. „Das sind Menschen, die man getötet und dann da auf der Straße gelassen hat, als Warnung an andere. Man könnte das Terrorismus von seiten der Regierung nennen. Aber sie wird die Lage so nicht in den Griff bekommen, oder wenn doch, dann nur um den Preis von Terror und Tod.“ Der burundische Bürgerkrieg ist 2005 zu Ende gegangen, und eigentlich habe es danach so ausgesehen, als habe das Land eine echte Chance auf inneren Frieden. „Doch dann hat Nkurunziza immer mehr sein wahres Gesicht gezeigt, das Gesicht eines Diktators, der keinerlei Opposition duldet und der alles tut, um das Land unter Kontrolle zu behalten. Er hat sich in die Hand bewaffneter Banden begeben, die der bewaffnete Arm der Regierung sind. Man nennt sie Imbonerakure, das bedeutet die Weitsichtigen. Viele Jugendliche gehören dazu – so viele junge Leute auf den Straßen von Bujumbura wissen nicht, was sie machen sollen, und darum ist es leicht, sie für bewaffnete Banden anzuheuern.“  

Die Burunder lebten täglich in Angst und Schrecken, berichtet Pater Ferrari. Viele suchten ihr Heil in der Flucht. „Da gibt es noch einen anderen Faktor in dem Ganzen: Nkurunziza bekommt Finanzhilfen aus China, die Chinesen kaufen sich Burundi, vielleicht haben sie es auch schon vollständig gekauft!“

(rv 12.11.2015 sk)








All the contents on this site are copyrighted ©.