2015-11-01 10:57:00

„Seit Aylan ertranken 80 Kinder in der Ägäis“


Eigentlich ist es nur ein Katzensprung von der Türkei zu den griechischen Inseln – doch für viele verzweifelte Flüchtlinge endet der Versuch der Überfahrt tödlich. Allein zwischen Mittwoch und Samstag haben die Wellen der Ägäis die Leichname von 42 Erwachsenen und 27 Kindern an die griechische Küste gespült. Vor zwei Monaten ging das Foto vom kleinen Aylan Kurdi um die Welt; der kleine Körper des Ertrunkenen lag an der türkischen Küste von Bodrum. Doch seitdem sind 80 weitere Kinder auf derselben Strecke ertrunken, sagt Raffaela Milano von „Save the Children“.

„Vor zwei Monaten waren Menschen auf der ganzen Welt betroffen über den Tod des kleinen Aylan, doch die Tragödie auf dieser Route geht immer weiter, und dass bald der Winter kommt, macht die Lage noch kritischer. Man bräuchte unbedingt ein stärkeres, internationales Eingreifen, um die Wiederholung dieser Tragödien zu verhindern!“

Schwierig ist die Lage durchaus auch für die, denen der Sprung auf eine griechische Insel gelingt, denn dort fehlen Unterkünfte und Nahrungsmittel, und die Nächte sind bitterkalt. „Wir von „Save the Children“ sind in Griechenland präsent und versuchen Hilfen zu organisieren. Aber man muss sagen, dass Griechenland dieses Jahr einen außergewöhlichen Ansturm erlebt hat: Schon anderthalb Millionen Menschen sind dort aufgenommen worden von einem Umfeld, das auf einen solchen Ansturm völlig unvorbereitet war. Die Kinder, die es heutzutage nach Griechenland schaffen, riskieren Unterkühlung; sie kommen kaum an die ersten, grundlegendsten Hilfen heran. Jeden Tag erreichen 800 Flüchtlinge die griechischen Inseln, da ist es natürlich schwierig, allen Kindern die nötige Sicherheit zu garantieren.“

Mit der Formulierung „Sicherheit garantieren“ zielt Frau Milano darauf, dass immer wieder unbegleitete Kinder und Jugendliche in Europa verschwinden – wie etwa in Berlin der vierjährige Mohamed, der, wie eine Überwachungskamera festhielt, von einem Mann aus einer Flüchtlingsunterkunft geholt wurde und vor ein paar Tagen ermordet aufgefunden wurde. Ein Viertel aller Asylbewerber in Europa sind Kinder. „Ja, das liegt daran, dass ganze Familien wegen Krieg und Verfolgung ihre Länder verlassen, und die nehmen auch Kleinkinder mit, oder aber Babys werden sogar während der Flucht geboren. Dieses Risiko nehmen Familien nur in Kauf, wenn das, wovor sie flüchten, noch schlimmer und tragischer ist. Das sind keine Leute, die aus freien Stücken wegziehen, sondern sie sind dazu gezwungen. In einer solchen Lage sind natürlich Kinder die ersten Opfer. Europa sollte sich das vor Augen halten und sich auf seinen Geist und seine Identität besinnen: eine Identität der Aufnahme für Menschen, die vor Konflikten und Verfolgungen fliehen.“

(rv 01.11.2015 sk)








All the contents on this site are copyrighted ©.