2015-10-25 10:57:00

Bischofssynode: Das ist Reform à la Franziskus


Pater Bernd Hagenkord war für die Dauer der Synode im Pressesaal als Assistent des Pressesprechers tätig, gleichzeitig war er unser Beobachter in der Synodenaula. Zum Abschluss der Synode wollten wir nun von ihm wissen, wie er den Ausgang der Synode mit ihrem Arbeitspapier einschätzt. War es ein leerer Kompromiss? Wurden Tabu-Themen ausgeklammert? Oder ist die Bewegung, die Reform, auf die viele Gläubige warten, am Ende an etwas ganz anderem abzulesen? Ein Kollegengespräch mit Pater Bernd Hagenkord.

Radio Vatikan: Es gibt den berühmten Spruch „außer Spesen nix gewesen". Von den vor der Synode kritisch debattierten Punkten ist kein einziger im Text. Sakramente für wiederverheiratete Geschiedene sind nicht erwähnt, der als „Kasper-Vorschlag" bezeichnete Weg über die Beichte kommt nicht vor, ist das nicht ein leeres Kompromisspapier geworden?

Pater Bernd Hagenkord: „Zugegeben, das war auch mein erster Eindruck, aber auch ich habe das mit den Ohren der Medien und der Erwartungshaltungen gelesen. Wenn man sich aber die Zeit nimmt und genauer liest, dann ist da eine ganze Menge Inhalt drin. Zwei Jahre ist debattiert worden, fünf Wochen - zwei im vergangenen Jahr, drei in diesem Jahr - und die Bischöfe haben voneinander gehört. Das sind völlig verschiedene Kulturen und intergründe gewesen, die aufeinander getroffen sind. Es gibt unterschiedliche Sichtweisen und die haben sich ja auch vorher sehr deutlich geäußert. Und genau diese Verschiedenheit ist in dem Papier zusammen gekommen. Natürlich hätte man sich mehr wünschen können, aber das ist eben nicht die Realität.

Aus meiner Zeit in der Jugendseelsorge - wenn ich das sagen darf - weiß ich, dass es in einer verfahrenen Situation das Falscheste ist, eine Entscheidung erzwingen zu wollen. Genau das macht das Papier auch nicht. Jeder Versuch, etwas zu erzwingen, wäre kontraproduktiv. Nicht noch mehr Energie da herein, sondern einen Schritt zurück machen, positiv auf die Sache schauen, dann sieht man vielleicht neue Wege. Das versucht dieser Text.“

Radio Vatikan: Viele Menschen sind jetzt enttäuscht, sie hatten sich Bewegung erwartet, Veränderung. Denen hat die Synode nichts zu sagen, scheint es, oder?

Hagenkord: „Das verstehe ich gut. Ich will das auch gar nicht herunter spielen. Aber es ist die ganze Weltkirche versammelt gewesen. Es war sehr viel Respekt im Raum, für die verschiedenen kulturellen Hintergrunde und Erfahrungen. Dass es Erwartungen gegeben hat und gibt ist gut und wichtig. Trotzdem müssen sie sich am Text messen. Lesen wir den Text erst, ist mein Rat, mit Geduld und mit Verstand, dann werden wir da viele gute und positive Dinge finden, die im ersten Eindruck von „nichts verändert sich" untergehen. Der Text redet aber in einer anderen Sprache als früher, das kann man vielleicht übersehen, ist aber nicht unwichtig. Es ist nicht von objektiven Ständen der Sünde die Rede, die Situationen in denen Menschen leben haben eine ganz neue Wichtigkeit erhalten, da ist viel Raum drin für das, was Papst Franziskus dann in seinen eigenen Text schreibt. Denn wir dürfen ja nicht vergessen, dass es ein Text für den Papst ist, er muss jetzt damit umgehen, also ist der synodale Prozess noch gar nicht zu Ende.“

Radio Vatikan: Ist die Reform der Kirche also verschoben?

Hagenkord: „Nein. Die Verbindung zwischen Änderungen in den Fragen, die bei uns in der Öffentlichkeit besprochen wurden und werden, und der Frage nach Reform liegt sehr nahe, ist aber ein Kurzschluss. Wir sehen keine bahnbrechenden Entscheidungen, sondern ein aufeinander Hören und eine Sammlung von Gedanken, wir sehen ein Verfahren, das die Kulturen und Ortskirchen zusammen bringt. Wenn wir genau hinschauen und noch einmal nachlesen in Evangelii Gaudium oder den Predigten oder Ansprachen des Papstes, ist es genau das, was er will. Nicht das Besetzen von Positionen, nicht Festlegungen, nicht Entscheidungen, sondern Wege, Prozesse, Dynamik. Wir werden in den kommenden Monaten sehen, dass die Kirche dadurch in Bewegung kommt, anders als wir denken, anders als wir erwarten. Aber genau das ist Reform à la Franziskus.“

(rv 25.10.2015 ord)








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