2015-10-15 11:45:00

World Food Programm: In 15 Jahren sind alle satt


Der Welthunger geht zurück, der Kampf gegen Hunger feiert Erfolge trotz Krisen, das ist das Fazit des UN World Food Programms(WFP) zum Welternährungstag am Freitag. Die Millenniumsziele hätten laut WFP große Fortschritte im Kampf gegen den Hunger gezeigt. Die Zahl der Hungernden ist seit 1990 um 216 Millionen Menschen gesunken, obwohl die Zahl der Gesamtbevölkerung gestiegen ist. Ralf Südhoff ist Leiter des UN World Food Programms für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Im Interview mit Radio Vatikan gibt er eine Einschätzung zur aktuellen Lage und Entwicklung.

Ralf Südhoff: „Wir sind beim Kampf gegen den Hunger auf der einen Seite auf einen sehr guten Weg, die Erfolge sind immens. Über 200 Millionen Menschen konnten vom Hunger befreit werden oder bestenfalls es selbst tun. Gleichzeitig ist die Weltbevölkerung um fast zwei Milliarden Menschen gewachsen seit 1990, also in dieser Zeit ist gelungen, sicherzustellen dass zwei Milliarden Menschen  mehr satt werden. Das ist ein riesiger Erfolg, der glaube ich ganz anders klingt, wenn man das Gefühl hat, alles wird schlimmer und es gibt immer mehr Krisen. Letzteres ist momentan auch der Fall, vor allem die großen Konflikte weltweit nehmen zu und treiben immer mehr Menschen in den Hunger.“

Radio Vatikan: Kann man sagen, dass sich der Welthunger durch die großen internationalen Krisen verschlimmert hat?

Südhoff: „Im Moment sehen wir eine Situation, wo wir andere Ursachen für akuten Hunger haben. Die Fortschritte, die wir in den letzten Jahren hatten, noch mehr Menschen vom Hunger zu befreien, sind tatsächlich langsamer geworden. Das lag zum einen an der Welternährungskrise 2008/2009, als die Preise massiv explodierten. Jetzt liegt es vor allem an den großen Konflikten. Wir müssen uns mit so viele großen Krisen wie noch nie auseinandersetzen. Allein in fünf Ländern gibt es eine sogenannte großmögliche humanitäre Katastrophe – in Syrien, Irak, Zentralafrikanische Republik, Jemen und immer noch in den Ebolagebieten.“

Radio Vatikan: Wenn man auf die großen Krisen blickt, die seit Jahren andauern und kein Ausweg in Sicht scheint, kann man eine Prognose abgeben, wie sich das Problem des Welthungers in den nächsten Jahren entwickeln wird?

Südhoff: „Wir gehen von einer sehr optimistischen Prognose aus. Die Vereinten Nationen haben vor einigen Tagen die neuen globalen Ziele verabschiedet, die sogenannten Sustainable Development Goals. Nach denen man sich vorgenommen hatte bis 2015 den Anteil der Hungernden weltweit in etwa zu halbieren und das übrigens fast geschafft worden ist, ist jetzt das sehr ambitionierte Ziel in den nächsten 15 Jahren den Hunger komplett zu überwinden. Also Zero Hunger bis 2030 ist das große Ziel der Weltgemeinschaft. Wir glauben, wir haben alle Expertise und alles in der Hand, was wir brauchen, um das zu erreichen. Heute wissen wir, dass es vor allem darum geht, Kleinbauern zu stärken, sie zu befähigen, mehr Nahrungsmittel zu produzieren, weil sie sind meist zugleich die Hungernden selbst. Das heißt, wenn dir das Problem lösen, dann haben wir den Hunger weitestgehend besiegt. Das können wir auf jeden Fall schaffen, wenn wir tatsächlich den politischen Willen dazu haben, zum einen die Regierungen selbst vor Ort, aber auch die Regierungen des Nordens hier richtige Hilfe zu leisten.“

Radio Vatikan: Eine Welt ohne Hunger in 15 Jahren klingt erst einmal vielversprechend, wie kann man das schaffen, was für konkrete Innovationen schlagen sie als World Food Programm vor. 

Südhoff: „Ich glaube, alle müssen ihre Anstrengungen verdoppeln, einschließlich der Helfer selbst. Ich rede da nicht nur von anderen Beteiligten. Wir haben eine Situation, wo wir die Hilfe heute ganz anders ausrichten, auch was die Gebernationen anbeglangt. Wir haben die Situation, wo Hilfsorganisationen ihre Hilfe ganz anders aufstellen können und das auch noch viel besser tun müssen. Beispielsweise ist der Kampf gegen den akuten Hunger heute ein ganz anderer als noch vielleicht vor 20 Jahren, wo die klassische Nahrungsmittelhilfe das klassische Hilfspaket war oder der Sack Reis. Heute ist und muss die Hilfe viel flexibler sein. Hinzu kommt aber auch, dass Nahrungsmittelhilfe heute viel mehr eine Ernährungshilfe ist, bei der es gar nicht um Nahrungsmittelhilfe geht, sondern wir unterstützen die Menschen mit Bargeld, weil sie dann in registrierten Supermärkten das kaufen können, was sie am dringendsten benötigen. Wir arbeiten auch mit Handys, wo Menschen, die im Hinterland leben und nur schwer und kostspielig zu erreichen sind, die Gutscheine auf ihr Handy geschickt bekommen. Sodass die Hilfe viel effizienter und gezielter wird. All das ist nötig, um auch sicher zu stellen, dass wir unsere Nothilfe immer mehr mit einer Hilfe verbinden, die auch die Ursachen des Hungers überwinden kann.

(rv15.10.2015 pdy)








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