2015-10-08 10:53:00

Synode: Ein Text wächst


Von außen gesehen ist es das Unspannendste, was man sich vorstellen kann: Textarbeit. Da sitzen also in diesen Tagen die Synodenteilnehmer nach Sprachen aufgeteilt in Gruppen zu etwa zwanzig Leuten und debattieren einen Text.

Vor ihnen liegt die Arbeitsgrundlage, das Instrumentum Laboris. Der Text selber ist nicht offiziell, sondern ein Arbeitsschritt, und deswegen wird an ihm herumgebaut. Welche Formulierung trifft nicht, welche Realität fehlt, müssen wir nicht insgesamt viel positiver heran gehen, das alles sind Fragen, die ich immer wieder gehört habe.

Das Problem, das immer bei Textarbeit entsteht, ist die Frage der Präzision. Ob nun genau Wort A oder Wort B benutzt wird, daran kann man sich festbeißen. Da aber die meisten Gruppen nicht in der Synoden-Text-Sprache Italienisch tagen, verlieren sich die vielen Nuancen bei der ersten Übersetzung, nicht wenige erfahrene Synodenteilnehmer haben also in ihren Gruppen darauf hingewiesen, dass es sich nicht lohnt, allzu präzise zu sein, wenn nicht klar ist, dass sich diese Präzision nicht auch ins Italienische übersetzen lässt.

Ein Beispiel gefällig? Aus dem vergangenen Jahr: eine englischsprachige Gruppe machte den Vorschlag, deutlicher zwischen „Matrimony“ und „Marriage“ zu unterscheiden und arbeitete lange dazu. Lange, bis ein anwesender Kardinal die vor allem nordamerikanischen Teilnehmer darauf hinwies, dass nur die englische Sprache diesen Unterschied kennt, der Rest der Welt habe nur ein einziges Wort für diese beiden. Also musste man das wieder lassen.

Der Ablauf der Synode sieht drei Mal solche Textarbeit vor, zum ersten, zweiten und dritten Teil des Vorbereitungstextes, der zweite Teil beginnt schon Montag. Da es dreizehn Kleingruppen gibt, entstehen so drei Mal dreizehn Texte (die auch veröffentlicht werden). Diese werden in der Aula vorgestellt und gehen dann ohne Debatte in die Redaktionsgruppe, die daraus einen endgültigen Text machen soll, samt Übersetzung und Einarbeitung vielleicht divergierender Festlegungen. Die Synodenteilnehmer dürfen sich dann noch einmal zum Gesamttext äußern, in der Aula oder auch schriftlich, bevor er eine endgültige Form bekommt.

So in etwa war es auch schon im vergangenen Jahr, und Version für Version ist der Text gewachsen: Erst waren da die Lineamenta genannten Vorbereitungstexte samt Fragebogen Eins, dann der Grundlagentext (Instrumentum Laboris), dann die Vorstellung dieses Textes in der Aula (Relatio ante disceptationem), dann die Aussprache im Plenum dazu, dann die Zusammenfassung dieser Aussprache (Relatio post disceptationem), dann die Kleingruppenarbeit und dann er Abschlusstext, der nach Abschnitten mit zwei Dritteln Mehrheit verabschiedet wurde.

Und dann in die zweite Runde, aus diesem Text wurde dann das Instrumentum Laboris für die diesjährige Synode, samt Frageboten Zwei, und wieder gab es eine Vorstellung des Textes. Aber wegen der geänderten Methodik geht es nun jeweils direkt in die Kleingruppen.

Wie gesagt: das ist wie dem Gras beim Wachsen zuschauen, unspannend.

Aber: so entstehen Texte. So wurde beim Konzil gearbeitet (in etwa), so entstehen Texte, die von allen gemeinsam erstellt werden; in einer Spannung zwischen allen einzelnen Beiträgen und der Notwendigkeit einer Redaktion, die nicht alles berücksichtigen kann, um den Text nicht zu einem Buch werden zu lassen, das alles sagt und damit nichts mehr.

Und dann? Dann bekommt der Papst den Text, um daraus seinen Text zu machen. Eine Synode ist ja ein Beratungsgremium, so wird Papst Franziskus, der die Synode in ihrem Zweijahresablauf einberufen hat, auch das letzte Wort haben.

(rv 08.10.2015 ord)








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