2015-09-30 10:20:00

„Scheidung auf katholisch“: „Das ist absolut sinnfrei“


„Scheidung auf katholisch“? Nein, das gibt es nicht, sagt Papst Franziskus. Auf dem Rückflug von den USA nach Rom am Wochenende wies er darauf hin, dass die Verfügungen seines jüngsten Motu Proprio lediglich das Verfahren einer Ehe-Nichtigkeitsfeststellung vereinfachen – und zwar auf die Bitte einer Mehrheit der Synodenväter von 2014 hin. Woher kommt dann bei manchen Kritikern dieser Eindruck, Franziskus rüttle am unauflöslichen Charakter der sakramentalen Ehe?

Kardinal Edoardo Menichelli ist Erzbischof von Ancona-Osimo und wird – auf päpstliche Ernennung - so wie bereits letztes Jahr an der Bischofssynode zu Ehe und Familie teilnehmen. Er sagte im Gespräch mit Radio Vatikan: „Mir scheint, dass die Entscheidungen von Papst Franziskus alle eine bestimmte Ausrichtung haben, die man mit dem Adjektiv pastoral zusammenfassen könnte. Die Kirche macht in einem so komplexen und problematischen Bereich, wie es der von Ehe und Familie ist, einen pastoralen, einen mütterlichen Schritt: Sie will den Menschen, die das brauchen oder wünschen, einen einfacheren, mütterlicheren Zugang bieten... Der Papst tut das auf einer Linie mit dem, was die Synodenväter beschlossen haben; er setzt das, was da gesagt wurde, jetzt um. Das sollte nicht als subversive Geste gesehen werden, sondern als Hilfe! Eine Hilfe für Menschen in einem sehr komplexen Moment, in dem sie oft Entscheidungen treffen, über deren Tragweite – auch was den Glauben betrifft – sie sich nicht immer voll im klaren sind.“

Der Kardinal ist unglücklich darüber, dass das „Motu Proprio“ des Papstes angesichts der bevorstehenden Bischofssynode so eine große mediale Aufmerksamkeit erfahren hat. „Ich glaube, wir sollten eines tun: dieses Leiden – ich sage das jetzt einmal so – von dieser medialen Gier freihalten. Heutzutage multipliziert die Kommunikation diese Leiden oft, vergrößert sie ins Gigantische. Dann kommt es zu einer Anspannung... Wir sollten alle einen großen Respekt vor den Situationen des Leidens wiederentdecken, ein großes Schweigen, einen großen Glauben und eine große Mütterlichkeit.“

Welchen Effekt wird die vom Papst eingeführte Reform bei den Ehe-Nichtigkeitsprozessen auf die bevorstehende Synode haben? Kardinal Menichelli ist etwas einsilbig bei seiner Antwort: „Ich glaube, einen guten Effekt – wenn wir die Dinge vom Evangelium und vom Glauben her sehen.“ Und nicht von der Polemik her – aber das sagt er nicht. Noch einmal nachgefragt: Was sagt er denn dazu, dass manche auswärtige Beobachter von einer „Scheidung auf katholisch“ reden? Menichelli: „Ich glaube, so ein Ausdruck ist absolut sinnfrei. Die Kirche glaubt an die Ehe und setzt sich dafür ein, dass Menschen, die heiraten wollen, wissen was sie da tun. Die Kirche arbeitet daran, dass diese Menschen auch im Bereich des Spirituellen und des Glaubens eine Wahl treffen. Und dann müssen wir uns auch vor Augen halten, dass der Papst da nicht etwa etwas für Italien entscheidet: Das ist ein seelsorglicher Akt für die Welt!“

In der katholischen Kirche ist das Sakrament der Ehe unauflöslich. Scheitert eine solche Verbindung, können die Partner aber in einem kirchenrechtlichen Prozess überprüfen lassen, ob sie die Ehe zum Zeitpunkt der Hochzeit überhaupt gültig geschlossen haben. Für die Nichtigkeit einer Ehe gibt es zahlreiche Gründe, etwa Willensmängel oder das erklärte Ausschließen von Kindern durch einen (oder beide) Partner. Papst Franziskus hat in seinem Dekret „Mitis Iudex Dominus Iesus“ (hier auf Deutsch) die kirchlichen Verfahren zur Feststellung einer Ehenichtigkeit beschleunigt und gratis zugänglich gemacht. Ist eine Ehe nichtig, so hat sie nach katholischer Sicht vor Gott nie bestanden, wird also auch nicht „annulliert“, wie es umgangssprachlich heißt, noch wird sie „geschieden“. In diesem Fall können beide Partner erneut kirchlich heiraten.

(rv 30.09.2015 sk)








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