2015-08-25 18:00:00

Regisseurin: Weiteren Völkermord an Christen verhindern


Unlängst prangerte Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki die weltweite Christenverfolgung an. Die hohe Zahl der Betroffenen dürfe jene, die ohne Angst ihren Glauben leben könnten, nicht ruhig schlafen lassen, so der Kardinal. Der Kurzfilm „Noun“ widmet sich konkret dem Thema: Christenverfolgung im Irak. Hier wird gezeigt, welche Folgen der Terror des IS für die christlichen Familien hat. Das Besondere an dem Film ist, dass er von einer schiitischen Muslima stammt. Radio Vatikan hat mit ihr über den Film gesprochen.

„Ich vermisse unser zuhause, meine Freunde, meine Schule und Lehrer, unsere Kirchen. Ich vermisse das und vieles mehr. Ich wünschte, sie würden uns unsere Häuser zurück geben. Unsere Schulen und Kirchen.“ Das sagt das kleine irakische Mädchen Dalal im Film „Noun” von der irakischen Regisseurin Aida Schläpfer Al Hassani. Auf dem internationalen Filmfestival in Locarno wurde er vorerst abgelehnt – aus Qualitätsgründen. Dabei zeigt Noun, das arabische Wort für N (Nazarener), IS-Symbol für Christen, in eindrücklicher Weise das Schicksal der vom Islamischen Staat verfolgten Christen im Irak. Aida Schläpfer, die selbt mit ihrer Familie vor dem Saddam-Regime aus dem Irak in den Libanon flüchten musste, zeigt Szenen aus Flüchtlingslagern in Erbil, zeigt Familien, die aus Mossul vor dem IS geflohen sind, die Kinder, Väter verloren haben. Sie zeigt Menschen, die nervlich zerrüttet sind, weil sie seit Monaten in Zelten auf dem Boden schlafen, traumatisiert von den Erlebnissen in Mossul oder Karakosch, wo sie herkommen. Und nicht wissen, ob sie jemals wieder zurück können.

„Mir ging es bei dem Film darum, nicht Kunst zu machen. Mit geht es um darum, das Leiden der Menschen zu zeigen.“

Für ihren Film, der am Ende auf öffentlichen Druck hin doch noch auf dem Festival in Locarno gezeigt wurde, recherchierte die Irakerin die Geschichte der Christenverfolgung in ihrer Heimat. Sie war selbst schockiert über die vielen Massaker und Vertreibungen, die an Christen immer wieder begangen wurden. Das zeigt Schläpfer auch mit alten schwarz-weiß-Aufnahmen im Film, die sie unter die aktuellen Bilder streut. Die Irakerin befürchtet, dass sich die Welle der Gewalt gegen Christen immer wiederholt. Ein Pater aus Erbil, Yousif Albaanna, den Schläpfer im Film interviewt, spricht von Ebbe und Flut.

„Ich will mit meinem Film einen weiteren drohenden Völkermord an diesen Menschen verhindern. Ich habe das gesehen, dass das irgendwie noch mal kommt. Im Irak wurden jetzt wieder Christen eingesammelt. Die werden immer vertrieben, in einem Ort versammelt, es gibt Massaker. Die Christen haben null Sicherheit, keine Waffen, um sich zu schützen.“

Schläpfer, die seit rund 20 Jahren in der Schweiz lebt, ist selbst schiitische Muslima. Ihr Vater ist Iraker, aus Bagdad, die Mutter ist Libanesin. Schläpfer besuchte in ihrer Kindheit im Irak eine katholische Schule, auch den katholischen Religionsunterricht. Früher habe man sich im Irak keine Gedanken gemacht, ob der Nachbar Sunnit, Schiit, Kurde oder Christ sei. Mit der Invasion der Amerikaner in den Irak, dem Bürgerkrieg und der ausufernden Gewalt des IS aber sei das gegenseitige Misstrauen mittlerweile groß. Das merkte Schläpfer auch bei den Christen, die sie für ihren Film interviewte.

„Es war schon zu spüren, das kann ich schon verstehen. Es war am Anfang schwierig für mich an die Leute heranzukommen und mit denen direkt zu sprechen. Das war nicht einfach. Da habe ich ein großes Verständnis für sie, die Menschen sind verängstigt. Sie wissen nicht, wem sie trauen können. Weil jeder kann ein IS-Kämpfer sein und da waren sie sehr sehr verängstigt. Ich hab mich von Beginn an als muslimische Schiitin vorgestellt. Und weil die Christen selber wissen, dass die Schiiten unter dem Terror von IS zu leiden haben. Wir sind Leidensgenossen. Und deshalb haben sie mich akzeptiert.“

Viele Christen wollen nur noch eins: Raus aus dem Irak. Die Kirche versucht sie hingegen zum Bleiben zu bewegen. Schließlich sei es das Ziel der Terroristen, den Willen der Christen zu brechen und ihnen eine Aussicht auf eine Zukunft im Land zu verwehren. Was die Christen bräuchten, sei Rückendeckung, notfalls auch vom Papst persönlich:

„Ich habe noch nie so gläubige und friedliche Menschen in meinem Leben gesehen wie die christlichen Iraker. Selbstverständlich wird ihnen ein Besuch des Papstes Mut und Hoffnung geben. Sie würden sehen, dass die Welt sie nicht vergessen hat. Das hat für sie eine sehr große Bedeutung, weil sie so gläubig sind. Das wäre eine große, auch seelische Unterstützung.“

Schläpfers Film wird mittlerweile auf zahlreichen internationalen Festivals gezeigt, etwa in Russland oder in Nordafrika. Es gibt auch noch eine Langversion des 20-minütigen Kurzfilms, der extra so kurz gehalten wurde, damit er seinen appellativen Charakter behält. Die Reaktionen seien trotz des traurigen Themas oft positiv. Nur hätten viele Zuschauer gar nicht gewusst, was mit den Christen im Irak eigentlich geschieht. Mit dem Film möchte Schläpfer das Wegschauen beenden:

„Lasst uns alle unseren Beitrag leisten und setzen wir diesem Grauen ein Ende. Sie können mir wirklich glauben, diesen Menschen liegt es fern, ihre Heimat zu verlassen. Geben wir ihnen doch die Möglichkeit, dort in Frieden und Freiheit zu leben und zu bleiben.“

(rv 25.08.2015 cz)








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