2015-08-16 11:08:00

Indiens Tag der Gerechtigkeit: Die Ungleichheit wächst


Es ist der „Sonntag der Gerechtigkeit“ – immer am ersten Sonntag nach dem Unabhängigkeitstag gedenkt die Kirche Indiens all der ungerechten Dimensionen der Gesellschaft. In diesem Jahr – und nicht zum ersten Mal – sind dies die Rechte der Dalit, der so genannten Unberührbaren in Indiens Kastensystem – und die Würde der Frau, wie Pater Bernardo Cervellera berichtet, der die Agentur AsiaNews leitet. „Außerdem ist da noch die Frage des Friedens“, fügt er an. „Indien ist ein nukleares Land und benachbart mit Pakistan, das auch nukleare Waffen hat. Zwischen diesen beiden Ländern ist es bislang nicht gelungen, gute Beziehungen herzustellen.“

Genug also, dass dieser Sonntag nicht bloß eine reine Formsache wird. Zu diesen schon lange vorherrschenden Themen treten aber auch immer wieder andere, die aktueller sind, so nach der Wahl einer hindu-nationalistischen Regierung die Frage der Religionsfreiheit. „Wir bei AsiaNews stellen immer wieder – und seit dem Amtsantritt von Premierminister Modi noch mehr – Gewalt gegen Christen, Buddhisten und Muslime fest. Kirchen werden abgebrannt, Schulen zerstört, Gläubige belästigt, Statuen zerstört und so weiter. Und bei alldem sucht die Polizei nicht die Schuldigen.“

All das vor dem Hintergrund der „großen Ungerechtigkeit“, des Kastensystems. „Das ist eine ungeheure Ungerechtigkeit. Mit der Unabhängigkeit Indiens Dank Mahatma Ghandi hat das Land offiziell die Trennung der Kasten in der Verwaltung des Staates abgeschafft, aber sie ist nach wie vor eine kulturelle Wirklichkeit. Die Dalit werden an den Rand gedrängt, wenn es um Arbeit geht, um Ausbildung oder andere Dinge. Und die christlichen oder muslimischen Dalit werden dabei noch mehr ausgegrenzt als die Hindus. Denn die hinduistischen Dalit werden ja noch von den Regeln ihrer Religion geschützt und haben eigene Stellen in Schule, Arbeit und Verwaltung. Christliche und muslimische Dalit bekommen überhaupt keine Unterstützung.“

Den Hauptgrund für die bleibende Ungerechtigkeit im Land sieht Cervellera in der immer noch vorherrschenden Armut im Land. Indien ist ein wirtschaftlich stark wachsendes und sich modernisierendes Land, aber die Entwicklung kommt nicht bei allen Menschen an, das Gefälle wird sogar noch größer. „Indien ist ein Land, das dabei ist, sich zu entwickeln. Es hat viel Potenzial, aber die Ungleichheiten zwischen den Armen und den Reichen sind wirklich enorm.“

 

(rv 16.08.2015 ord)








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