2015-07-23 06:58:00

Caritas-Österreich zu Flüchtlingsfrage: Humanitäre Niederlage in Europa


Österreich sieht sich im Umgang mit den hohen Flüchtlingszahlen überfordert. Allein zwischen Januar und Mai sind laut dem Bundesinnenministerium 20.620 Asylanträge gestellt worden - im Vorjahr waren es rund 7.300.  Seit Juni werden nun gar keine Asylanträge mehr bearbeitet. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner warnt gar vor einem Asylnotstand. Der Direktor der österreichischen Caritas Michael Landau spricht im Gespräch mit Radio Vatikan von einer „humanitären Niederlage in Europa“.

Die Caritas Österreich kümmert sich um mehr als 4.000 Flüchtlinge in ihren Grundversorgungseinrichtungen, weitere 10.000 Menschen versorgt sie in anderen Einrichtungen. Auch die Hilfsorganisationen merken einen erhöhten Druck bei der Versorgung. In Traiskirchen, dem größten Flüchtlingslager Österreichs, ist die Situation nach Aussage des Caritas-Präsidenten bedrückend. 

„Ich habe dort Mütter mit Kindern getroffen, die im Freien übernachten. Kinder, die ihre Habseligkeiten in einem kleinen Wagen hinter sich herziehen. Das sind Bilder, die ich sonst nur aus internationalen Flüchtlingssituationen kenne.“

Besonders problematisch sei zurzeit in Österreich die Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Sie seien inadäquat untergebracht, kämen in die falschen Kreisen. Das sei kein passender Ort für diese Kinder. Die Hilfsorganisationen stoßen hier an ihre Grenzen. Sie brauchen Unterstützung aus öffentlicher Hand, da die zur Verfügung stehenden Spenden nicht ausreichen. Dennoch sei die Solidarität der Bevölkerung groß, so Landau: „Die Menschen sind da, sie wollen helfen. Sie fragen, was sie tun können. Sie sind bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Die Solidarität ist groß und ich würde mir wünschen und erwarten, dass die politischen Verantwortlichen hier auch Maß nehmen an der Hilfsbereitschaft und dem Engagement der Bürgerinnen und Bürger.“

Weil das kleine Land mit der hohen Anzahl an Neuankömmlingen überfordert ist, weicht es jetzt unter anderem auf die Nachbarländer aus. Am Dienstag schloss Österreich mit der Slowakei ein Asylabkommen, wonach zunächst 500 Flüchtlinge aus dem Lager Traiskirchen in die Slowakei gebracht werden sollen. Versorgt werden sie weiter von Österreich. Immerhin haben die Flüchtlinge dort wohl Aussicht auf eine bessere Unterkunft. Doch Michael Landauer gibt für den künftigen Umgang mit Flüchtlingen zu bedenken:

„Ich glaube, dass klar sein und bleiben muss, dass Asyl ein internationales Recht ist und hier geht es nicht um politisches Ermessen. Die Genfer Flüchtlingskonvention sowie die Europäische Menschenrechtskonvention müssen auf Punkt und Komma eingehalten werden. Ich würde mir hier auch von den politischen Verantwortlichen des Landes wünschen, dass sie sich auf die humanitäre Situation besinnen. Was wir zurzeit erleben, ist eine schwere humanitäre Niederlage. Da ist Traiskirchen nur ein Symbol dafür.“

Trotz der angespannten Lage in Österreich warnt der Caritas-Präsident vor einer politischen Instrumentalisierung des Leids der Flüchtlinge. Landesweit gebe es auch Zeichen der Hoffnung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Flüchtlingen. Nicht zuletzt dank kirchlicher Unterstützung.

„Ich denke zum Beispiel auch an die Diözese Eisenstadt. Hier hat der Bischof sehr klar gesagt: Er wird bis Ende des Jahres in den Pfarrgemeinden 200 Flüchtlinge unterbringen. Wenn alle Diözesen dieses Beispiel aufgreifen, dann glaube ich, ist einmal mehr deutlich, die Kirche erinnert an den Vorrang des Menschen. Aber sie ist auch ganz handfest an vorderster Stelle wenn es um den konkreten Einsatz für konkrete Menschen in Notsituationen geht.“

Hören Sie hier das ganze Interview mit Caritas-Präsident Landau nach:

(rv 22.07.2015 cz)








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