Die Idee, Obdachlose aus Rom nach Turin zum berühmten Grabtuch zu bringen, kam dem Priester Pietro Sigurani in den Sinn, als er einige Obdachlose in seiner Pfarrei beim Essen sah. Sigurani ist Rektor der Basilika Sant´Eustachio im Zentrum der Ewigen Stadt. „Als ich zuschaute, wie sie ihr Mahl einnahmen, sagte ich zu mir: Das ist jetzt das wahre Antlitz des leidenden Christus. Ich habe in ihre Augen geschaut, ihre Gesichter betrachtet - und da kam mir in den Sinn, dass ich sie nach Turin bringen sollte, weil das Grabtuch im Grunde ihr Spiegelbild ist und gleichzeitig ein Zeichen der Hoffnung, denn nach dem Leid kam die Auferstehung.“
Das sogenannte Turiner Grabtuch gilt als Leinentuch, das bei der Beerdigung Jesu nach der Kreuzigung verwendet wurde. Seine Echtheit ist nicht gesichert; es gehört dem Vatikan und wird nur selten im Turiner Dom, wo es aufbewahrt wird, öffentlich gezeigt. An diesem Freitagmorgen reisten über sechzig Obdachlose in einem von Papst Franziskus persönlich gesponserten Reisebus nach Norditalien. Begleitet werden die Gäste vom päpstlichen Almosenmeister, dem polnischen Kurienerzbischof Konrad Krajewski. Dieser hatte die gesamte Logistik der Reise organisiert.
„Ich hatte auch mit dem Erzbischof von Turin, Cesare Nosiglia, gesprochen, der sehr erfreut war über dieses Projekt. Wir sind seine Gäste, und er wird uns das Grabtuch auch zeigen und erläutern. Danach findet ein gemeinsames Gebet vor der heiligen Reliquie statt.“
Die sechzig Mitreisenden seien freiwillig mitgefahren, fügt der Rektor von Sant´Eustachio an. Sie hätten sich dazu bereit erklärt, weil sie auch spirituell etwas mitnehmen wollten.
„Wer arm ist, kommt sicherlich nicht, um Spaß zu haben. Ich bin davon überzeugt, dass sie sehr bereichert von dieser Reise zurückkehren werden. Obdachlose drücken sich meist mit sehr einfachen Gesten aus, doch ihre Gefühle sind so tiefgründig... und das ist wiederum für uns alle eine Bereicherung.“
(rv 12.06.2015 mg)
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