2015-06-12 11:49:00

Kirchenhistoriker: „Franziskus hat zwei Asse im Ärmel“


Diese Woche trafen sich die Kardinäle des sogenannten K9-Rates mit dem Papst, um über die weiteren Schritte der Kurienreform nachzudenken. Es ist kein Novum in der Kirchengeschichte, dass ein Papst die römische Kurie ändern will. Der Kirchenhistoriker Massimo Faggioli doziert an der St. Thomas-und Paul-Universität im US-Bundesstaat Minnesota. Er hat vor Kurzem neue Recherchen im Vatikanischen Geheimarchiv und der Vatikan-Bibliothek gemacht und festgestellt: Fast jeder Papst des 20. Jahrhunderts hat sich mit einer Kurienreform befasst.

„Man findet aber im ganzen Vatikan – sei in der Vatikanischen Bibliothek noch im Archiv – kein einziges Werk, dass die Geschichte der Kircheninstitution als Ganzes genau aufzeigt. So etwas würde uns sonst zeigen, wie sich die Reformvorhaben im Laufe der Zeit entwickelt oder verändert haben.“

Die Kurie in Rom gelte als „älteste noch funktionierende Bürokratie der Welt“, fügt Faggioli an. Franziskus habe als Reformer zwei „Asse im Ärmel“, um erfolgreich Änderungen der Kurie durchzuführen, so der Professor für Kirchengeschichte.

„Der größte Unterschied zwischen Papst Franziskus und seinen Vorgängern im 20. Jahrhundert ist, dass der heutige Papst nie in Rom studiert oder gearbeitet hat. Das macht ihn gewissermaßen ,freier und objektiver´ bei der Aufarbeitung seines Reformprogramms. Zweitens muss man bedenken, dass das Konklave von 2013 zu einem historischen Zeitpunkt stattfand, an dem die römische Kurie wohl einen ihrer Tiefpunkte in Sachen Ansehen genoss. Deshalb sehe ich eine große Gelegenheit, dass die Reformbestrebungen Erfolg haben werden.“

Die Grundfrage der Kurienreform sei auch aus historischen Gründen die gleiche wie früher geblieben: Soll die Zentrale der katholischen Kirche einem bestimmten politischen Modell oder theologischen Ideen folgen? In der Vergangenheit orientierte sich die Kurie vor allem an politischen Systemen, so Faggioli. Franziskus hingegen scheine eher für die theologische Variante einzustehen. Als einen Beweis hierfür nennt der Historiker die Papstrede an die Kurie vom Dezember 2014, in welcher Franziskus „15 Plagen“ in der Zentrale des Heiligen Stuhls benannte.

(rv 12.06.2015 mg)








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