2015-05-24 10:46:00

Hochfest Pfingsten (24. Mai 2015) - Predigt des Papstes


Wir dokumentieren die Predigt des Papstes an Pfingsten 2015

Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. … Empfangt den Heiligen Geist!“ (Joh 20,21.22), so spricht Jesus zu uns. Die Ausgießung des Heiligen Geistes am Abend nach der Auferstehung wiederholt sich am Pfingsttag und wird durch außerordentliche Zeichen begleitet. Am Abend des Ostertages erscheint Jesus den Aposteln und haucht sie mit seinem Geist an (vgl. Joh 20,22). Am Morgen des Pfingsttags geschieht die Ausgießung auf brausende Weise wie ein Wind, der heftig auf das Haus niederfährt und in die Köpfe und die Herzen der Apostel einbricht. Infolgedessen empfangen sie eine solche Energie, dass sie angetrieben werden, in verschiedenen Sprachen das Ereignis der Auferstehung Christi zu verkünden. „Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden“ (Apg 2,4). Mit ihnen war Maria, die Mutter Jesu, die erste Jüngerin und die Mutter der werdenden Kirche. Mit ihrem Gleichmut, ihrem Lächeln und iher M+terlichkeit begleitete sie die Freude der jungen Braut, der Kirche Jesu.

Das Wort Gottes sagt uns – besonders heute –, dass der Heilige Geist in den Menschen und in den Gemeinschaften wirkt, die von ihm erfüllt sind, er macht sie fähig, Gott zu  empfangen "capax Dei", sagen die Heiligen Väter. Und was macht der Heilige Geist mit diesem neuen Können, das er uns schenkt? : er führt in die ganze Wahrheit (vgl. Joh 16,13); er erneuert das Antlitz der Erde (vgl. Ps 104,30); er gibt seine Früchte (vgl. Gal 5,22-23).

Im Evangelium verheißt Jesus seinen Jüngern, dass, wenn er zum Vater gegangen ist, der Heilige Geist kommen wird, der sie „in die ganze Wahrheit führen“ wird (Joh 16,13). Er nennt ihn geradezu „Geist der Wahrheit“ und erklärt ihnen, dass das Wirken dieses Geistes darin bestehen wird, sie immer mehr in das Verständnis dessen einzuführen, was er, der Messias, gesagt und getan hat, insbesondere in den Sinn seines Todes und seiner Auferstehung. Den Aposteln, die unfähig waren, das Ärgernis des Leidens ihres Meisters zu ertragen, wird der Heilige Geist einen neuen Verständnisschlüssel geben, um sie in die Wahrheit und die Schönheit des Heilsereignisses einzuführen. Diese Männer, die zuerst verängstigt und gelähmt waren, die sich im Obergemach eingeschlossen hatten, um Auswirkungen wie am Karfreitag zu vermeiden, werden sich nicht mehr schämen, Jünger Christi zu sein und werden nicht mehr vor menschlichen Gerichten zittern. Dank des Heiligen Geistes, von dem sie erfüllt sind, verstehen sie „die ganze Wahrheit“, dass nämlich der Tod Jesu nicht seine Niederlage war, sondern der äußerste Ausdruck der Liebe Gottes, jener Liebe, die in der Auferstehung den Tod besiegt und Jeus als den Lebenden, den Herrn, den Erlöser des Menschen, der Erlöser, der Herr der Geschichte und der Welt erhöht. Und diese Wirklichkeit, deren Zeugen sie sind, wird zur Frohen Botschaft, die allen zu verkünden ist.

Außerdem erneuert der Heilige Geist das Antlitz der Erde und er führt uns. Im Psalm, den wir heute in der Lesehore gebetet haben, heißt es: „Sendest du deinen Geist aus, … erneuerst du das Antlitz der Erde“ (Ps 104,30). Die Erzählung der Apostelgeschichte über die Geburt der Kirche findet eine bedeutsame Entsprechung in diesem Psalm, der ein großes Loblied auf Gott, den Schöpfer, darstellt. Der Heilige Geist, den Christus vom Vater gesandt hat, und der Schöpfer Geist, der allem das Leben gibt, sind ein und derselbe. Daher ist die Achtung der Schöpfung ein Erfordernis unsers Glaubens: Der „Garten“, in dem wir leben, ist uns nicht anvertraut, damit wir ihn ausbeuten, sondern bebauen und achtsam hüten (vgl. Gen 2,15). Dies ist aber nur möglich, wenn Adam – der aus Erde geformte Mensch – sich seinerseits vom Heiligen Geist erneuern lässt, sich vom Vater neu formen lässt nach dem Vorbild Christi, des neuen Adam. Ja, dann können wir, vom Geist erneuert, in der Freiheit der Kinder in Harmonie mit allem Geschaffenen leben und in jedem Geschöpf den Abglanz der Herrlichkeit des Schöpfers erkennen, wie ein anderer Psalm sagt: „Herr, unser Herrscher, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde!“ (Ps 8,2 und 10). Er führt, erneuert und schenkt, gibt Frucht.

Im Brief an die Galater legt der heilige Paulus dar, welche die „Frucht“ ist, die sich im Leben derer zeigt, die sich vom Geist leiten lassen (vgl. Gal 5,22). Da ist auf der einen Seite das „Fleisch“ mit dem Gefolge seiner Laster, die der Apostel anführt und die die Werke des ichsüchtigen Menschen sind, der sich dem Wirken der Gnade Gottes verschließt. In dem Menschen, der voll Glauben den Geist Gottes in sich hereinbrechen lässt, blühen hingegen die göttlichen Gaben, die in neun freudigen Tugenden zusammengefasst werden, die Paulus als „Frucht des Geistes“ bezeichnet. Von hier ergeht der Aufruf, der am Anfang und am Schluss wiederholt wird, gleichsam als ein Lebensprogramm: „Lasst euch vom Geist leiten“ (Gal 5,16; vgl. 5,25).

Die Welt braucht Männer und Frauen, die nicht verschlossen sind, sondern voll des Heiligen Geistes. Verschlossen sein gegenüber dem Heiligen Geist ist nicht nur mangelnde Freiheit, sondern auch Sünde. Es gibt viele Arten, sich dem Heiligen Geist zu verschließen: in der Ichsucht nach dem eigenen Vorteil, im starren Legalismus – wie die Haltung der Gesetzeslehrer, die Jesus Heuchler nennt –, im fehlenden Gedächtnis für das, was Jesus gelehrt hat, in einem nicht als Dienst, sondern zum persönliche Interesse geführten christlichen Leben, und so weiter. Die Welt hingegen braucht den Mut, die Hoffnung, den Glauben und die Ausdauer der Jünger Christi. Die Welt braucht die Früchte und die Gaben des Heiligen Geistes, wie sie Paulus in der Lesung aufzählt: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung“ (Gal 5,22-23). Die Gabe des Heiligen Geistes wurde der Kirche und einem jeden von uns in Überfluss geschenkt, damit wir in echtem Glauben und tätiger Nächstenliebe leben können, damit wir die Samen der Versöhnung und des Friedens verbreiten können. Vom Heiligen Geist, der uns zur Wahrheit führt und uns und die ganze Welt erneuert und der uns die Früchte schenkt, gestärkt im Geist und seinen vielfältigen Gaben, werden wir fähig, kompromisslos gegen die Sünde und die Korruption zu kämpfen, die immer weiter in dieser Welt um sich greift, und uns mit geduldiger Ausdauer den Werken der Gerechtigkeit und des Friedens zu widmen.

(rv 24.05.2015 mc)








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