2015-05-22 11:48:00

Papstpredigt: Unter dem Blick Jesu


Der barmherzige Blick Jesu, der den Sünder auswählt: Das ist eine der Schlüsselszenen in der Spiritualität von Papst Franziskus. Sein Wahlspruch „miserando atque eligendo“ (etwa: durch barmherzigen Blick erwählt) bezieht sich genau darauf. Auch in seiner Predigt bei der Frühmesse in der Casa Santa Marta beschäftigte sich Franziskus an diesem Freitag mit dem Blick Jesu – und zwar dem Blick, den er an verschiedenen Stellen der Evangelien auf Petrus richtet.

Da ist zunächst, am Anfang des Johannesevangeliums, ein „Blick der Berufung“: Der Herr sieht den Fischer Simon an, gibt ihm den neuen Namen Petrus und ruft ihn in seine Nachfolge. Dieser folgt, wie Papst Franziskus formulierte, „mit Enthusiasmus“: „Das war die erste Zeit des Gehens mit dem Herrn.“ Ganz anders hingegen der Blick, den der gefangene Jesus dem Petrus Jahre später zuwirft in dem Moment, als Petrus ihn aus Angst, ebenfalls verhaftet zu werden, unter Flüchen verleugnet. „Da hat er alles verloren“, kommentierte Franziskus, „er hatte seine Liebe verloren.“

„Das Lukasevangelium sagt: ‚Und Petrus weinte bitterlich.’ Dieser Enthusiasmus der Nachfolge Christi ist zu Geheul geworden, weil er gesündigt und Jesus verleugnet hat. Dieser Blick (Jesu) ändert das Herz des Petrus noch mehr als der frühere Blick. Der erste Wechsel, das war der Namenswechsel und die Berufung. Dieser zweite Blick aber ändert das Herz: Das ist ein Wechsel der Bekehrung zur Liebe hin.“

Und der dritte Blick? Das ist der, von dem das Tagesevangelium (Joh 21,1.15-19) berichtet. Der Auferstandene am See, seine Fragen an Petrus, dreimal wiederholt, ‚Liebst du mich?’, die Betretenheit des so Geprüften, der nach der dritten Frage „traurig und wieder den Tränen nahe ist“. „Traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte, ob er ihn denn liebe. Er antwortet: ‚Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe’. Die Antwort Jesu: ‚Weide meine Schafe!’ Das ist der dritte Blick, der Blick der Mission...“

Aber, so fuhr der Papst fort, „hier endet die Geschichte nicht“. Jesus sage ja noch mehr zu Petrus – in der Paraphrase durch Franziskus hörte sich das so an: „Du tust das alles aus Liebe, und dann? Wirst du dann zum König gekrönt? Nein!“ Stattdessen sage Jesus voraus, dass Petrus ihm bis ans Kreuz folgen müsse. „Auch wir können einmal überlegen: Wie blickt Jesus heute auf mich? Wie sieht er mich an? Mit einer Berufung? Einer Vergebung? Mit einer Mission? Auf der Straße, die er gegangen ist, sind wir alle unter dem Blick Jesu. Er sieht uns immer voller Liebe an. Er bittet uns um etwas, er verzeiht uns etwas, er gibt uns einen Auftrag. Jetzt kommt Jesus auf dem Altar zu uns. Jeder von uns möge denken: ‚Herr, du bist hier bei uns. Schau auf mich und sag mir, was ich tun soll! Wie ich über meine Fehler, meine Sünden weinen soll. Mit welchem Mut ich vorangehen soll auf dem Weg, den du als erster gegangen bist.“

 

(rv 22.05.2015 sk)








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