2015-05-16 10:58:00

Erschüttertes Vertrauen in Nepal


60 Millionen Euro haben Deutsche bereits für das Erdbeben geplagte Land Nepal gespendet. Das teilte das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen am Freitag in Berlin mit. Der Caritasverband steht auf der DZI-Liste mit 6,5 Millionen an zweiter Stelle. Besonders in der ersten Woche nach dem Beben vom 25. April war die Spendenbereitschaft der Menschen groß.

Drei Wochen nach dem großen Beben ist Dieter Rachbauer noch vor Ort. Er war seit Beginn der Katastrophe in Katmandu und koordinierte seit dem ersten Tag mit zwei Kollegen für Caritas International die Hilfsmaßnahmen. Auch als die Erde erneut und überraschend mit einer immensen Wucht nachgab, war er vor Ort. Er befand sich gerade erst in einer Besprechung mit nepalesischen Kollegen, um weiter zu planen, wie man am besten den Menschen, die alles verloren haben, helfen könne. „Dann kam plötzlich dieser große Stoß und wir sind in den Innenhof gelaufen und haben versucht so weit wie möglich von den Wänden und Gebäuden wegzukommen. Wir haben gebannt auf die Gebäude rund herum geschaut, ob irgendetwas einstürzt. Das war wirklich ein heftiges Beben, ein richtiger Schock und dann so lange Wellen. Direkt bei uns war ein altes Haus, das bereits vom ersten Beben einen Sprung hatte, und dieser Sprung ist dann zweimal einen dreiviertel Meter auf und zu gegangen. Aber das Gebäude ist nicht eingestürzt. Das war auf jeden Fall sehr beängstigend und schockierend,“ beschreibt Rachbauer die Situation während dem dritten Beben. Inzwischen sei er auch nicht mehr so angespannt und habe die Angst vor einem erneuten Beben abgelegt. Zeit für Angst habe er sowieso nicht, berichtet Rachbauer.

Im Katmandu Tal, indem Rachbauer momentan die Hilfe von Caritas mitkoordiniert, ist während dem jüngsten Nachbeben laut ihm nur wenig passiert, wenn man von der vorherigen Zerstörung einmal absieht. Doch für die Menschen war das erneute Beben verheerend, weiß Rachbauer: „Aber für die Psyche der Menschen ist es eine Katastrophe, weil seit sein paar Tagen wohnen sie wieder zu Hause, haben sich getraut, wieder in ihren Häusern zu schlafen und haben ein bisschen Normalität in ihr Leben gebracht und auch Vertrauen gefasst in einen wieder festen Boden. Der ist nun wieder massiv erschüttert worden.“ Einige Nepali haben Rachbauer berichtet, dass ihr leicht optimistisches Gefühl einer Verbesserung zerstört wäre und ihre Verunsicherung nur noch größer. Man wüsste nicht mehr, auf was man vertrauen könnte. Daher schlafen die Nepali auch nicht in Häusern, falls diese noch stehen, sondern in ihren Autos, in Zelten, auf den Stufen ihrer Häuser oder unter freiem Himmel.

Doch so viel Glück im Unglück wie die Menschen im Katmandu Tal hatten nicht alle nach dem zweiten Beben. Regionen, die sowieso schon zerstört waren, wurden weiter zerstört und mussten Verunglückte verzeichnen. Andere Regionen, die bisher nicht stark betroffen waren, sind es nun mehr umso mehr. Der Vorteil nach dem jüngsten Beben ist jedoch, dass in den meisten Regionen bereits Hilfsorganisationen vor Ort sind und helfen. Doch die Arbeit für die Hilfsorganisationen häuft sich – im wahrsten Sinne des Wortes – nach jedem Beben weiter an. „Das Problem ist allerdings, wir haben bis jetzt noch nicht alle Leute vom ersten Beben erreicht. Jetzt kommen plötzlich neue Menschen dazu, die Unterstützung brauchen. Das ist jetzt eine ernste Herausforderung“, erklärt Rachbauer. Da viele Straßen mit Autos nicht passierbar sind, müssen sämtliche Hilfsgüter entweder mit Hubschraubern oder zu Fuß mit Hilfe von Trägern in die Dörfer gebracht werden. Viele Dörfer sind sogar bis heute noch überhaupt nicht erreicht worden und man weiß nur ganz ungenau, wie die Lage in diesen Dörfern ist.

Noch einen Monat haben die Menschen in Nepal Zeit sich auf den Monsun vorzubereiten. An Wiederaufbau ist daher noch nicht zu denken. Nach dem Monsun werde man beginnen Notunterkünfte zu errichten und den Wiederaufbau starten. Der Instandsetzung von Kulturdenkmälern ist momentan für die Nepali sekundär. Rachbauer und die Hilfsorganisationen müssen bei der Planung der nächsten Schritte immer wieder die Monsun-Zeiten einrechnen. Häuser bauen könne man nur zwischen diesen Zeiten. „Man kann davon ausgehen, dass man sicher drei Jahre mindestens mit dem Wiederaufbau beschäftigt ist. Das ist aber nur der Wiederaufbau. Mit dem gesamten Schock für dieses Land wird es sicher länger dauern.“

(rv 16.05.2015 pdy)








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