2015-05-03 14:26:00

70 Jahre Befreiung von KZ Dachau: Warnung vor Rassismus


Zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau haben Vertreter der Überlebenden und des Judentums in Deutschland vor einem Wiederaufleben von Rassismus und Antisemitismus gewarnt. „Wenn ich darauf blicke, wie heute einige Bürger gegen Flüchtlinge hetzen oder wie abwertend über Juden gesprochen wird, dann frage ich mich: Wie sehr ist das hohe Gut der Menschenwürde eigentlich noch in den Köpfen verankert?“, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, heute bei der Gedenkveranstaltung in Dachau.

Merkel dankt Zeitzeugen

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel dankte in ihrer Rede den Überlebenden für ihr Engagement als Zeitzeugen. „Es ist ein großes Glück, dass Menschen wie Sie bereit sind, uns ihre Lebensgeschichten zu erzählen, das unendliche Leid, das Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus über sie gebracht hat.“ Sie wandte sich an die angereisten Überlebenden, die in berührenden Reden ihre Erinnerungen schilderten. Erst damit bekämen nackte Zahlen ein Gesicht, so Merkel.

Ökumenische Gedenkfeier mit Kardinal Marx

Kardinal Reinhard Marx hat die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten und die Befreiung des Konzentrationslagers Dachau vor 70 Jahren als „wichtig für Europa und den Aufbau einer humanen Zivilisation“ bezeichnet. Nach dem Eindruck des Erzbischofs von München und Freising hat mit dem zeitlichen Abstand von den Ereignissen die Intensität der Erinnerung nicht ab-, sondern eher noch zugenommen. Das sagte er am Sonntag, 3. Mai, bei einem ökumenischen Gottesdienst im Karmel Heilig Blut, der direkt an das Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau angrenzt.

Der Kardinal erinnerte an den Besuch von Papst Benedikt XVI. im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz im Jahr 2006. Dieser habe klar benannt, dass die Nazis mit der geplanten Auslöschung der Juden auch den Gott Israels töten wollten. „Im Letzten sollte auch die Wurzel ausgerissen werden, auf der der christliche Glaube ruht“, so Marx. „Hitler wollte selbst Herr über Leben und Tod sein.“ Dies hätten viele Häftlinge in Dachau schmerzlich erfahren müssen, „die vernichtet und gedemütigt wurden, weil das erste Gebot, du sollst keine anderen Götter neben mir haben, außer Kraft gesetzt wurde“.

Bei der ökumenischen Gedenkfeier, bei der auch Metropolit Augoustinos für die Griechisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland mitwirkte, zitierte der badische evangelische Altbischof Ulrich Fischer, Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), aus dem Tagebucheintrag des Häftlings Karl Adolf Groß zur Befreiung: "Unser Glück vermögen wir noch nicht zu fassen."

Zentralrat der Juden fordert erneut verpflichtenden Besuch einer KZ-Gedenkstätte

Bei der in der KZ-Gedenkstätte Dachau stattgefundenen Gedenkfeier sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, mit Blick auf die Jugendlichen:  „Ihr seid zwar nicht schuldig, aber ihr tragt Verantwortung!"

Schuster bekräftigte seine Forderung, dass Schüler ab der neunten Jahrgangsstufe zum Besuch einer KZ-Gedenkstätte verpflichtet werden sollten.  „Ich hoffe, dass mein Vorschlag im bayerischen Landtag noch einmal wohlwollend geprüft und auch in anderen Bundesländern aufgegriffen wird", sagte er. Nur wenn man die authentischen Orte besuche, bekomme man eine Ahnung,  „wie es gewesen ist". Fachleute hatten sich skeptisch zu verpflichtenden Besuchen in Gedenkstätten geäußert.

(varie/pm 03.05.2015 no)








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