2015-04-11 10:25:00

Zuspruch statt Anspruch: Beichten in der heutigen Zeit


Beichten als ein entartetes Sakrament. Sowenig wie der Sabbat zur Zeit Jesu für die Menschen da war, so wenig ist nun die Beichte für den Menschen von heute da. Daher brauche es neue Zugänge zum Sakrament der Buße, dass in anderen Büchern auch gerne als das „ungeliebte“ oder auch „vergessene“ Sakrament genannt wird. Für den Jesuitenpater Ansgar Wiedenhaus ist es jedoch nicht ungeliebt, man müsse vielmehr einen menschlicheren Zugang finden. Das versucht er mit seinem Buch „Immer wieder neu anfangen dürfen. Ermutigungen und Zuspruch im Sakrament erfahren“.

Der Notenschlüssel von Wiedenhaus für die Sündhaftigkeit des Menschen ist die existentielle Angst des Menschen und diese ist keine moralische Instanz und somit nicht bewertbar. Erst die Konsequenz aus der Sünde also der Angst lässt sich moralisch bewerten und somit durchaus als Schuld identifizieren, wenn zum Beispiel ein Mensch aus der Angst heraus andere tyrannisiert.

Nach einem geschichtlichen Überblick, in dem Wiedenhaus aufzeigen will, dass sich die Beichte im Laufe der Jahrhunderte dem Menschen in Form und Inhalt angepasst hat, folgen sowohl theologische und philosophische Reflexionen, in denen Wiedenhaus seinen Notenschlüssel in die abstrakte Klaviatur der Theologie und Philosophie anwendet und sie somit entschlüsselt, es für den Laien zu Musik erklingen lässt. Übersetzt bedeutet das, Beichte soll – so Wiedenhaus – als Sakrament gedeutet werden, in dem ein Mensch Zuspruch findet und die Liebe Gottes spürt, nicht den strafenden oder zornigen Gott. Das ist ein Ansatz, der gerade für Zweifler neue Anstöße gibt und vielleicht mit dem sogenannten „ungeliebten“ Sakrament versöhnt. Denn für Wiedenhaus kommen die wahren Beichtgespräche erst dann zu Stande, wenn man ganz schlicht fragt „Wie geht es Ihnen“. Dann erst fangen die Menschen an, über ihre Ängste und Sorgen zu reden.

Wiedenhaus sagt viel schon Bekanntes, zum Beispiel, dass Sakramente dem Menschen die Liebe und Zuwendung Gottes greifbarer machen sollen. Daran merkt man, dass er das Rad nicht neu erfinden will, sondern lediglich ausbessern. Er macht all dies so komprimiert und verständlich, dass dieses Buch gerade für Nichttheologen geeignet ist. Für Gläubige, die sich dem Sakrament der Beichte bisher schwer tun, nicht verstehen, warum es das überhaupt braucht. Das wichtigste jedoch ist der Zugang meines Erachtens. Weidenhaus stellt klar den Menschen in der Zeit in den Mittelpunkt, für den die Beichte auch sein soll. Gerade deswegen ist dieses Buch für alle Zweifler zu empfehlen. Wer das klassische Beicht- und Sündenverständnis sucht, ist bei Pater Wiedenhaus zum Glück falsch. Unterm Strich steht für Wiedenhaus Zuspruch statt Anspruch, um es in den Worten von Papst Franziskus zu sagen: Unterm Strich steht die Barmherzigkeit, denn die Not des Menschen wird in den Mittelpunkt gerückt.

„Immer wieder neu anfangen dürfen. Ermutigungen und Zuspruch im Sakrament erfahren“ von Ansgar Wiedenhaus. Topos Verlag – 8,95€

(rv 11.04.2015 pdy)








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