2015-04-09 11:28:00

Tröglitz: „Wir sind kein brauner Ort, wir sind bunt“


Nach dem fremdenfeindlichen Brandanschlag auf ein Asylantenheim in Tröglitz will sich der katholische Ortspfarrer Thomas Friedrich mit seiner Gemeinde für die Asylbewerber einsetzen. Mit nur zwei Prozent Katholiken ist Tröglitz Diaspora-Gebiet. Doch das Nein zu Rechtsextremismus ist in Tröglitz – auch – ökumenisch. Seit die sogenannten Abendspaziergänge gegen das zukünftige Asylbewerberheim aufkamen, setzen katholische und evangelische Kirche mit einem Friedensgebet ein gemeinsames Gegenzeichen. Dem Domradio sagte Thomas Friedrich:

„Im Rahmen dieser Friedensgebete ist die Initiative "Miteinander, Füreinander" gegründet worden. Diese Initiative hat eine sogenannte Tröglitzer Erklärung verfasst, in der zum Ausdruck gebracht wird, dass Tröglitz offen sein möchte für die Asylbewerber und für die Fremden, die kommen. Die habe ich als Gemeindepfarrer auch unterschrieben. Wenn die Asylbewerber kommen, werden wir als Gemeinde sie sicher willkommen heißen und uns nach Kräften einbringen.“

Doch werden sie kommen? Die Behörden in Sachsen-Anhalt sind sich inzwischen nicht mehr sicher, ob sie die Flüchtlinge in Tröglitz überhaupt ausreichend schützen können. In einem Interview sagte der Landrat des Burgenlandkreises Götz Ulrich, er könne die Sicherheit der Flüchtlinge nicht garantieren. Ulrich selbst wird von unbekannten Rechtsextremen bedroht, da er sich für die Flüchtlinge einsetzt. Der Pfarrer von Tröglitz ist dahingegen zuversichtlich und fürchtet vorerst nicht, dass er wegen seines Engagements für Flüchtlinge den Rechtsextremen ein Dorn im Auge sein wird.

„In der Anonymität des Netzes sagen Menschen sicher Dinge, zu denen sie nicht stehen. Ich denke, dass es jetzt ruhiger werden wird. Und wenn die Asylbewerber kommen, werden die Menschen sicher auch sagen: Wir sind kein brauner Ort, wir sind bunt.“

Das Problem in Tröglitz sei gewesen, dass sich zahlreiche Einwohner haben vereinnahmen lassen von der Stimmungsmache gegen die Asylbewerberunterkunft. So versucht der evangelische Pfarrer des Ortes Matthias Keilholz die Situation in Tröglitz zu erklären. Die NPD habe sich des Themas angenommen, erklärte Keilholz am Mittwoch in Berlin dem Sender RBB. Viele hätten dabei gar „nicht gemerkt, wer dieses Thema besetzt hat". Inzwischen gingen in der Stadt immer mehr Menschen auf die Straße, die sich für Flüchtlinge einsetzen wollten. Der Anschlag habe die Menschen wachgerüttelt, so Keilholz.

Ausgerechnet in der Nacht auf Karsamstag brannte das zukünftige Asylbewerberheim – wenige Stunden vor dem Entzünden des Osterfeuers als Zeichen der Auferstehung Christi, als Zeichen des Lebens. So nah an Ostern so viel Hass, das hat nicht nur Pfarrer Thomas Friedrich zu denken gegeben. „Es war so ein Erschrecken da, passend zur Stimmung an Karsamstag. Wie konnte es so weit kommen? Wie konnten diese Abneigungen in diesem Feuer ihren Ausdruck finden? Ich persönlich war ein bisschen gelähmt.“ Er fragte sich einen Tag vor Ostern sogar, was er seiner Gemeinde nun verkünden könne. Seine Predigt habe er zwar nicht verändert, aber beim Osterfeuer ging er auf das vernichtende Feuer der Nacht zuvor ein: „Wir haben jetzt das Licht entzündet, das uns sagen will, dass Christus das Leben will, und das ist ein anderes Feuer als das, das in der vergangenen Nacht Asche gebracht hat. Wir wollen unser Licht dagegen setzen, das ein Licht des Lebens ist.“

(domradio/kna 09.04.2015 pdy)








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