2015-04-05 07:09:00

Osterbotschaft im Wortlaut: Die Liebe hat den Hass überwunden


Hier die offizielle Übersetzung der Osteransprache von Papst Franziskus anlässlich des Segens Urbi et Orbi am 5. April 2015.

Liebe Brüder und Schwestern,

Jesus Christus ist auferstanden!

Die Liebe hat den Hass überwunden, das Leben hat den Tod besiegt, das Licht hat die Finsternis vertrieben!

Jesus Christus hat sich aus Liebe zu uns seiner göttlichen Herrlichkeit entäußert; hat sich selbst ganz leer werden lassen, ist wie ein Sklave geworden und hat sich erniedrigt bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn erhöht und ihn zum Herrn des Universums gemacht. Jesus ist der Herr!

 

Mit seinem Tod und seiner Auferstehung weist Jesus allen den Weg zum Leben und zum Glück: Dieser Weg ist die Demut, die Erniedrigung, die mit Demütigung verbunden ist. Das ist der Weg, der zur Herrlichkeit führt. Nur wer sich erniedrigt, kann auf „das Himmlische“ (vgl. Kol 3,1-4) zugehen, Gott entgegen. Der Stolze blickt „von oben herab nach unten“, der Demütige blickt „von unten nach oben“.

 

Am Ostermorgen liefen Petrus und Johannes, von den Frauen benachrichtigt, zum Grab und fanden es offen und leer vor. Da gingen sie näher heran und „beugten“ sich, um ins Grab einzutreten. Um in das Geheimnis einzutreten, muss man sich „beugen“, sich erniedrigen. Nur wer sich erniedrigt, versteht die Verherrlichung Jesu und kann ihm folgen auf seinem Weg.

Die Welt schlägt vor, sich um jeden Preis durchzusetzen, zu wetteifern, sich zur Geltung zu bringen… Doch die Christen sind durch die Gnade des gestorbenen und auferstandenen Christus die Sprosse einer anderen Menschheit, in der wir versuchen, einander zu dienen, nicht arrogant, sondern verfügbar und respektvoll zu sein.

Das ist nicht Schwäche, sondern wirkliche Kraft! Wer die Kraft Gottes, seine Liebe und seine Gerechtigkeit in sich trägt, hat es nicht nötig, Gewalt anzuwenden, sondern spricht und handelt mit der Kraft der Wahrheit, der Schönheit und der Liebe.

Vom auferstandenen Herrn erflehen wir die Gnade, nicht dem Stolz nachzugeben, der die Gewalt und die Kriege schürt, sondern den demütigen Mut zur Vergebung und zum Frieden zu haben. Den siegreichen Jesus bitten wir, die Leiden unserer vielen Brüder und Schwestern zu lindern, die seines Namens wegen verfolgt werden, wie auch all derer, die zu Unrecht unter den Folgen der laufenden Konflikte und Gewalttaten leiden.

Frieden erbitten wir vor allem für Syrien und den Irak, dass das Getöse der Waffen ein Ende nehme und das gute Zusammenleben der verschiedenen Gruppen, aus denen sich die Bevölkerung dieser geschätzten Länder zusammensetzt, wiederhergestellt werde. Möge die internationale Gemeinschaft angesichts der ungeheuren humanitären Tragödie im Inneren dieser Länder und des Dramas zahlreicher Flüchtlinge nicht untätig bleiben.

Frieden erflehen wir für alle Bewohner des Heiligen Landes. Möge zwischen Israelis und Palästinensern die Kultur der Begegnung wachsen und der Friedensprozess wieder aufgenommen werden, so dass den Jahren des Leidens und der Teilungen ein Ende gesetzt wird.

Frieden erbitten wir für Libyen, dass das derzeitige sinnlose Blutvergießen aufhöre sowie jede barbarische Gewalt und dass alle, denen das Geschick des Landes am Herzen liegt, sich dafür einsetzen, die Versöhnung zu fördern und eine brüderliche Gesellschaft aufzubauen, welche die Würde der Person achtet. Auch für den Jemen hoffen wir, dass sich dort ein allgemeiner Wille zur Befriedung und für das Wohl der gesamten Bevölkerung durchsetzen möge.

Zugleich vertrauen wir voll Hoffnung dem barmherzigen Herrn die in diesen Tagen in Lausanne erreichte Vereinbarung an, damit sie ein endgültiger Schritt in Richtung auf eine sicherere und brüderlichere Welt sei.

Vom auferstandenen Herrn erflehen wir das Geschenk des Friedens für Nigeria, für den Süd-Sudan und für verschiedene Regionen des Sudan und der Demokratischen Republik Kongo. Ein inständiges Gebet aller Menschen guten Willens erhebe sich für diejenigen, die ihr Leben verloren haben – ich denke besonders an die jungen Menschen, die am vergangenen Donnerstag in der Universität von Garissa in Kenia getötet wurden –, für alle, die entführt wurden, und für die, welche ihr Haus und ihre Lieben verlassen mussten.

Die Auferstehung des Herrn bringe der geschätzten Ukraine Licht, vor allem denen, die die Gewalt der Konflikte der letzten Monate erlitten haben. Möge das Land dank dem Einsatz aller Beteiligten wieder zu Frieden und Hoffnung finden.

Frieden und Freiheit erbitten wir für so viele Männer und Frauen, die durch kriminelle Menschen und Organisationen neuen und alten Formen der Sklaverei unterworfen sind. Frieden und Freiheit für die Opfer der Drogenhändler, welche oft mit den Mächten verbündet sind, die den Frieden und die Harmonie in der Menschheitsfamilie schützen müssten. Und Frieden erbitten wir für diese den Waffenhändlern unterjochte Welt.

Zu den Ausgeschlossenen, den Gefangenen, den Armen und den Migranten, die so oft abgelehnt, schlecht behandelt und ausgesondert werden; zu den Kranken und den Leidenden; zu den Kindern, besonders denen, die Gewalt erleiden; zu denen, die heute trauern; zu allen Männern und Frauen guten Willens gelange die tröstende Stimme Jesu, des Herrn: »Friede sei mit euch!« (Lk 24,36). „Fürchtet euch nicht, ich bin erstanden und bin immer bei euch!“ (vgl. Römisches Messbuch, Eröffnungsvers vom Ostersonntag).

(rv 05.04.2015 mg)








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