2015-03-27 10:56:00

Pakistan: Beim Blasphemiegesetz dominieren die Emotionen


 Zweihundert Christen im Arrest, Schüsse auf eine christliche Kirche: Spannungen zwischen Christen und Muslimen führen in Pakistan immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, wie zuletzt im Laufe dieser Woche. Das sei weniger ein Problem der Religion als der Emotion, erklärt Joseph Coutts, Erzbischof von Karachi und Vorsitzender der Bischofskonferenz des Landes gegenüber Radio Vatikan. In der römischen Kirche Santa Maria sopra Minerva feierte er an diesem Donnerstag eine Messe mit italienischen Parlamentariern.

Auch wenn Pakistan offiziell ein islamischer Staat sei, habe es nicht wie Saudi Arabien oder der Iran nur islamische Gesetze. Die Verfassung garantiere sogar die Religionsfreiheit. „Erst die Regierung des Militärdiktators Mohammed Zia-ul-Haq (1977-88) hat versucht, alles zu islamisieren“, erklärt der Erzbischof. „Er hat einige islamische Gesetze eingeführt. Eines davon ist das Blasphemie-Gesetz, das uns Sorgen bereitet. Viele Menschen wurden wegen dieses Gesetzes getötet. Nicht durch, sondern wegen des Gesetzes, weil es so starke Emotionen hervorruft. Es sagt, dass jeder, der den Propheten Mohammed verleumdet oder gegen ihn spricht, getötet werden soll.“

Ein ähnliches Gesetz gelte für den Koran. Christen würden nicht den Propheten oder den Koran herabwürdigen, aber das Gesetz sei leicht zu missbrauchen und wird oft missbraucht, so der Erzbischof. „Es ist sehr einfach, jemanden anzuklagen und dann dominieren die Emotionen. Und bevor das Recht agieren kann oder die Person ihre Unschuld beweisen kann, wurden schon viele gelyncht oder durch einen Mob getötet. Wir kämpfen schon seit vielen Jahren darum, diese Gesetze zu verändern, um uns Sicherheit zu geben. Aber es ist eine so emotionale Angelegenheit, dass die fanatischen Gruppen an diese Gesetze nicht heran wollen.“

Aber auch abseits dieser Gesetze erfahre man oft Diskriminierung, so Coutts. Vor allem bei der Arbeitssuche oder auch bei Beförderungen sei das zu spüren. In den Köpfen vieler Menschen gebe es die Vorstellung, dass ein Christ in einem muslimischen Land irgendwie weniger wert sei und nicht gleichberechtigt.

„Das Positive ist, dass wir protestieren können und wir protestieren auch sehr oft. Das Lehrbuch für den Unterricht zum Beispiel ist nicht dazu geeignet, der nächsten Generation beizubringen, mit anderen Religionen zusammen zu leben. Wir haben etwas Erfolg gehabt mit unseren Protesten gegen die negativen Aspekte darin. Die Regierung hat das Problem bemerkt und jetzt warten wir auf neue Bücher.“

Hier arbeite man aber auch mit Muslimen zusammen, etwa der unabhängigen Menschenrechtskommission des Landes. Aber auch Menschen, die sich gegen das Blasphemie-Gesetz engagierten, wie Juristen, Journalisten oder Parlamentarier, werden laut Erzbischof Coutts bedroht. „Unsere Aufgabe ist es, mit ihnen zusammen zu arbeiten und zwar als Bürger Pakistans, nicht nur als Christen. Denn diese Gesetze sind ebenso für die Muslime gefährlich.“

(rv 27.03.2015 ord)








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