2015-03-23 10:27:00

Österreich: Christen demonstrieren gegen Völkermord durch IS


Mit einer Demonstration und einer Kundgebung vor dem Wiener Parlament haben am Wochenende assyrische, aramäische und chaldäische Christen auf die dramatische Situation ihres Volkes in Syrien und im Irak aufmerksam gemacht. Genau hundert Jahre nach dem Beginn des Völkermords an diesen Christen der syrischen Tradition im damaligen Osmanischen Reich verübe die Terrororganisation ‚Islamischer Staat’ (IS) einen neuerlichen Genozid, so der Tenor bei der Demonstration. Mehr als 1.000 Mitglieder der assyrischen, aramäischen und chaldäischen Kirchengemeinden und Organisationen Wiens beteiligten sich an der Kundgebung, die mit den blau-weiß-roten Fahnen der assyrischen Nationalbewegung über die Ringstraße zog.

Warnung vor neuerlichen Genozid 1915 - 2015

Der syrisch-orthodoxe Chorespiskopus Emanuel Aydin bezeichnete den Zustand des Christentums im Nahen Osten als „erschreckend“. „Wenn die internationale Gemeinschaft nicht bald einschreitet, wird es im Orient bald keine Christen mehr geben“, so Aydin bei der Kundgebung. Er zog in diesem Zusammenhang auch Parallelen zum Genozid an den Armeniern aus dem Jahr 1915. „Es liegt nun fast hundert Jahr zurück, dass mehr als 1,5 Millionen Armenier sterben mussten, umso trauriger ist es, dass wir heute wieder mit solch einem Unrecht konfrontiert sind.“

Von Österreich forderte Aydin mehr Solidarität. Er habe das Gefühl, dass in der Politik und der Gesellschaft eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Christen im Nahen Osten herrsche. Diese Gleichgültigkeit bedeute aber den Tod für Tausende von Menschen. Deswegen forderte er neben der Errichtung einer Schutzzone in der Region auch eine gezielte Asylpolitik für Christen auf der Flucht. „Österreich als christliches Land hat die Pflicht, sich der Christen in besonderer Weise anzunehmen und ihnen Asyl zu gewähren“, so der syrisch-orthodoxe Geistliche.

Die angesprochene autonomen Zone für Christen sollte im Gebiet von Mosul und der Ebene von Ninive liegen, erläuterte Aydin. Auch wenn eine solche Zone „vielleicht ein Ghetto sein“ könne, gebe es keine Alternative, um das Lebensrecht der Christen in diesem Raum und zugleich das assyrisch-aramäisch-chaldäische kulturelle Erbe zu sichern, das derzeit „von den Barbaren des IS vernichtet wird“. Auch wäre es angezeigt, wenn sich das offizielle Österreich für die Entsendung einer internationalen Delegation einsetzt, um die Situation in Syrien und im Irak an Ort und Stelle zu prüfen.

IS nimmt Christen Würde, Westen setzt keine Hürde

Auf den Plakaten der Demonstranten hieß es u.a. „Stoppt die Gewalt gegen Christen in Syrien und im Irak“, „IS nimmt Christen die Würde, der Westen setzt keine Hürde“, „Tod und Gewalt, IS kennt keinen Halt. Genozid 1915 – 2015“. Ausdrücklich wurde auf einem Plakat auch die Freilassung der beiden vor zwei Jahren entführten Metropoliten von Aleppo, Mar Gregorios Youhanna Ibrahim und Boulos Yazigi, gefordert. An der Spitze des Zuges marschierten Geistliche der verschiedenen Kirchengemeinden der syrischen Tradition, Vorsitzende von Vereinen, aber auch der Wiener Weihbischof Franz Scharl , „Pro Oriente“-Präsident Johann Marte und österreichische Politiker.

Schweigeminute und Vater Unser

Die Kundgebung vor dem Parlament begann mit einer Schweigeminute für die von den Djihadisten in Syrien und im Irak ermordeten und gedemütigten christlichen Opfer. Chorbischof Aydin kritisierte den Westen: „Wenn kümmert es, wenn im Nahen Osten Christen verschleppt oder ermordet werden? Wo sind die Protesterklärungen, die Pressekonferenzen, die Hirtenbriefe, wo ist Obama, wo sind die politischen Führungspersönlichkeiten des Westens, wo ist die Stimme jener Muslime, die sich von den Gewalttaten des IS distanzieren?“ Der Westen habe Öl ins Feuer geschüttet, sich in Syrien eingemischt, Gruppierungen unterstützt, die den Christen die Bürgerrechte vorenthalten wollen, stellte Aydin fest. Aber jetzt sei niemand bereit, Verantwortung zu übernehmen. All dies geschehe genau hundert Jahre nach dem Beginn des von der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reiches in Gang gesetzten Völkermordes an den armenischen, syrischen und griechischen Christen, dem insgesamt 2,5 bis 3 Millionen Menschen zum Opfer gefallen seien. Die heutige offizielle Türkei bekenne sich nicht zu ihrer Verantwortung, „das Blut der Ermordeten schreit noch immer zum Himmel um Gerechtigkeit“; es gebe Hinweise, dass auch die heutige türkische Regierung den IS unterstütze und Handel mit den Terroristen treibe, so Aydin.

(kap 24.03.2015 sk)








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