2015-03-23 11:43:00

Frühmesse: „Das waren keine Heiligen, das waren Korrupte!“


Ein Heiliges Jahr der Barmherzigkeit hat Papst Franziskus für 2016 ausgerufen, und Barmherzigkeit war auch das zentrale Wort in seiner Predigt bei der Frühmesse von diesem Montag. Franziskus ging von den Bibellesungen des Tages aus: Die Erste Lesung bringt einen Abschnitt aus dem Buch Daniel, in dem die schöne Susanna von zwei Ältesten verleumdet, vom Propheten Daniel aber gerettet wird. Das Evangelium wiederum aus Johannes schildert die Szene, wie Jesus eine Ehebrecherin vor der Steinigung bewahrt. Und Franziskus nahm noch einen Text hinzu: die im Neuen Testament mehrfach typologisch auftretende arme Witwe. „Alle drei Frauen sind“, so erläuterte der Papst, „nach Darstellung einiger Kirchenväter allegorische Figuren, die für die Kirche stehen: die heilige Kirche, die sündige Kirche und die bedürftige Kirche“. Die Richter in den Schriftlesungen von diesem Montag, vor allem die Phärisäer und Schriftgelehrten aus dem Johannesevangelium, nannte Franziskus „bösartig“ und „korrupt“: „Sie hatten die Korruption der Strenge im Herzen“, fühlten sich rein, weil sie „den Buchstaben des Gesetzes“ einhielten.

„Aber das waren keine Heiligen, das waren Korrupte! Korrupt, weil eine derartige Strenge nur in einem Doppelleben münden kann. Die, die diese Frauen verurteilten, gingen danach hin und suchten sie heimlich auf, um sich ein wenig zu vergnügen. Die Strengen sind – nach einem Ausdruck Jesu – Heuchler: Sie haben ein Doppelleben. Denken wir an die Kirche, an die drei Frauen, die allegorisch für die Kirche stehen: Die, die sie mit Strenge verurteilen, haben ein Doppelleben. Mit der Strenge kann man noch nicht einmal atmen.“

Die beiden Ältesten, die im Buch Daniel der schönen Susanna nachstellen, nannte Papst Franziskus „lasterhafte Richter“, „korrumpiert durch Laster“. Ihnen stellte er den Richter an die Seite, von dem Jesus einmal im Gleichnis von der hartnäckigen Witwe erzählte: einen Richter, der sich nur deshalb ihrer annahm, weil sie ihm lästig wurde. „Ein durch Geld, durch Prestige Korrumpierter“, laut Franziskus. Drei Richtertypen also: der Geschäftsmann, der Lasterhafte und der Strenge. „Sie alle kannten ein Wort nicht – sie wußten nicht, was Barmherzigkeit ist.“

„Die Korruption brachte sie weitab vom Verständnis der Barmherzigkeit, davon, selbst barmherzig zu sein. Und die Bibel sagt uns, dass in der Barmherzigkeit das rechte Urteil liegt. Die drei Frauen – die Heilige, die Sünderin, die Bedürftige, Allegorien der Kirche – leiden unter diesem Mangel an Barmherzigkeit. Auch heute leidet das Volk Gottes, wenn es auf diese Richter stösst, unter Urteilen ohne Barmherzigkeit, ob im bürgerlichen, ob im kirchlichen Rechtsbereich. Und wo es keine Barmherzigkeit gibt, da gibt es auch keine Gerechtigkeit. Wenn das Volk Gottes von sich aus um Vergebung bittet – wie oft, wie oft findet es dann einen von diesen Richtern!“

Einen Lasterhaften, der es „auszubeuten“ versucht – für den Papst „eine der schwersten Sünden“. Oder einen Geschäftsmann, „der keine Luft lässt, keine Hoffnung“. Oder einen Strengen, Strafenden. „Das nennt sich Mangel an Barmherzigkeit.“

„Ich will zum Schluss nur eines der schönsten Worte des Evangeliums aussprechen, das mich sehr bewegt: ‚Hat dich denn keiner verurteilt?’ – ‚Nein, keiner, Herr.’ – ‚Auch ich verurteile dich nicht.’ Auch ich verurteile dich nicht – eines der schönsten Worte, weil es voller Barmherzigkeit ist.“

(rv 24.03.2015 sk)








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