2015-03-16 14:41:00

Indien: Bischöfe wollen Stärkung von Frauen auch in der Kirche


Die katholische Bischofskonferenz von Indien ist die einzige der Weltkirche, die eine offizielle Strategie in der Frauenfrage hat, eine „gender policy“, um es mit dem englischen Fachausdruck zu sagen. Dieses Dokument, erschienen 2010, wurde von Frauen erarbeitet. Eine von ihnen war vergangene Woche im Vatikan zu Gast: Astrid Lobo Gajiwala. Sie ist Naturwissenschaftlerin, dreifache Mutter, mit einem Hindu verheiratet - und natürlich Katholikin.

„Das Erstaunliche war, dass die Bischöfe Frauen dazu einluden, diesen Entwurf zu schreiben. Und sie übernahmen das dann weitestgehend! Heute ist es ein Dokument der Indischen Bischofskonferenz, das aber im Grundsatz Frauen entworfen haben. Ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man in der Kirche partnerschaftlich arbeiten kann.“

Das Dokument zur Stärkung von Frauen umfasst viele Aspekte. Die Bischöfe wollten die Frage nicht nur auf einer gesellschaftlichen Ebene angehen, erklärt Astrid Lobo.

„Vieles davon ist auf arme und unterprivilegierten Frauen zugeschnitten: Da geht es um Bildung, aber auch um Gewalt gegen Frauen. Überdies gibt es einen Abschnitt über Frauen in der Kirche. Den finde ich besonders wichtig, weil die Kirche in Indien sehr viel für Frauen draußen in der Gesellschaft getan hat, etwa im Bereich Gesundheit, Entwicklung und Alphabetisierung. Wenn es aber um Frauen nicht außerhalb, sondern in der Kirche selbst geht, wird es herausfordernd. Es ist gut, dass das Teil des Dokuments ist!“

Die Sprache des indischen Frauen-Dokuments ist „ziemlich neu“, hält die Katholikin fest.

„Es spricht von einer Jüngerschaft von Gleichen. Von einer kollaborativen Kirche mit Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Es spricht von Strukturen, die diese Gleichheit zwischen den Geschlechtern ermöglichen sollen. Besonders wichtig ist der Passus über Null Gewalt gegen Frauen. Und das waren neue Gebiete, wo die Bischöfe sahen, das ist ein Anliegen; und sie waren überzeugt, dass sie sich in dieser Sache engagieren sollten. Sie sind auf die Diskriminierung von Frauen eingegangen und haben sehr klar gesagt, das ist eine Sünde, klar gegen Gottes Absicht. Etwas muss geschehen, um das zu beenden, nicht bloß draußen in der Gesellschaft, sondern auch in der Kirche selbst! Und das war, denke ich, eine ziemliche weitreichende Beobachtung.“

Die indische Bischofskonferenz ist groß: 180 Bischöfe zählt der Subkontinent. Die Umsetzung der „Gender policy“ ist freilich nicht ganz so einfach, beobachtet Astrid Lobo. Immer noch fehle es an Sensibilität für das Anliegen. Eine Umfrage unter Pfarrgemeinderäten in 99 indischen Diözesen habe letztes Jahr ergeben, dass nur 16 Prozent der Interviewten das Frauen-Papier der Bischofskonferenz gelesen hatten. Fast die Hälfte hatte noch nie davon gehört. Doch die Kirche hat sich bemüht, erklärt der Erzbischof der indischen Hauptstadt-Diözese Neu Delhi, Anil Couto.

„Es gibt Frauen in regionalen katholischen Räten und einen Frauen-Rat bei der Bischofskonferenz von Indien. Die Rolle der Frauen in der Kirche hat sich sicherlich verbessert, es ist nicht mehr so wie vor Jahren, wo sie einfach kamen und gingen, sondern sie spielen eine aktive Rolle in der Kirche. Es gibt heute Professorinnen der Theologie, besonders auch in Priesterseminaren wie in Delhi, Pune und Bangalore.“

Das ist keineswegs so selbstverständlich, wie es für westliche Ohren klingen mag: Indien ist nicht Mitteleuropa. Warum es heutzutage ausschließlich Ordensfrauen sind, die Theologie lehren, hat seinen schlichten Grund in der Bezahlung, sagt Erzbischof Couto.

„Wenn das Szenario anders wäre, gäbe es wohl viel mehr Laien, die sich vorwagen würden, eine Ausbildung in Theologie aufzunehmen. Ich wäre glücklich, wenn das geschähe, und frage mich immer, ob wir die Laien nicht ausdrücklich dazu ermutigen sollten. Aber es müssen eben Laien sein, die es nicht auf hohe Gehälter abgesehen haben! Die wird die Kirche nie in der Lage sein zu bezahlen. Wir hatten da einen sehr guten Laien in unserer Laienkommission. Er ging weg, weil er einen besser bezahlten Job fand, wir haben das sehr bedauert. Aber er hatte Familie, die Kirche war nicht dazu in der Lage, ihm ein ausreichendes Gehalt zu bieten. Wir haben keine ausreichenden Mittel. Und am Ende greifen wir wieder auf einen Priester oder eine Ordensfrau zurück. Und wir werden gefragt: Warum ist Sekretär der Kommission für die Laien ein Priester? Nun, weil sich kein Laie findet, der bereit wäre, das zu tun. Wir müssen Strukturen und Ressourcen schaffen, um die Vision zu verwirklichen, dass Laien verantwortungsvolle Positionen in der Kirche haben können.“

Wie man sieht: Das Problem ist erkannt. Das Grundlagen-Dokument der indischen Bischöfe zur Stärkung von Frauen hat grundlegende Bewusstseinsarbeit geleistet. Nochmals Astrid Lobo:

„Ich bin stolz darauf, dass unsere indischen Bischöfe eine Frauenstrategie haben, denn die hat sonst keine Bischofskonferenz in der Weltkirche. Vielleicht kann das ein Vorbild sein für andere Länder - und vielleicht sogar für den Vatikan selbst!“

(rv 16.03.2015 gs)








All the contents on this site are copyrighted ©.