2015-03-11 10:37:00

Ökumene: „Papst Franziskus ist ein Künstler“


Papst Franziskus rückt, um Fortschritte in der Ökumene zu machen, „nicht so sehr die Inhalte in den Vordergrund“. Stattdessen geht er „eher von der Option aus, dass gemeinsames Handeln in bestimmten Situationen die Dinge auch theologisch voranbringt.“ Das sagte die Direktorin des Instituts für Ökumenische und Interreligiöse Forschung an der Universität Tübingen, Johanna Rahner, im Gespräch mit dem Kölner Domradio. „Er ist eher der Typ, der auf gemeinsames Handeln setzt, als dass er große theologische Traktate verfassen würde. Das war eher das, was Benedikt XVI. in den Vordergrund des ökumenischen Miteinanders gestellt hatte. Und da sind natürlich die Bretter, die zu bohren sind, noch ziemlich dick. Das heißt, es ist einiges an theologischen Inhalten eben doch noch nicht als gemeinsam zu Bekennendes erkannt. Da wird es am inhaltlichen Arbeiten noch weitergehen müssen. Aber unabhängig davon sind die Beziehungen, die Franziskus offen nach außen hin lebt, durchaus ein hoffnungsvolles Zeichen.“

Dass Franziskus im ökumenischen Bereich schon für einige Überraschungen gesorgt habe, liege weniger an dem, was er sage, als an seiner Art und Weise des Auftretens. „Er ist ein Künstler, was symbolische Handlungen angeht. Da führt auch in der Ökumene kein Weg dran vorbei, wir merken es besonders im Verhältnis zur Orthodoxie. Sein Besuch beim Ökumenischen Patriarch von Konstantinopel war sehr an Symbolhandlungen gebunden und weniger an Inhalten. Aber das ist auch sehr wichtig in Sachen Ökumene!“

Allerdings – und das schmerzt viele im deutschsprachigen Raum – hat sich der Papst unmißverständlich gegen eine gemeinsame Eucharistiefeier von Katholiken und Protestanten ausgesprochen. Im ökumenischen Dialog müssten die Bischöfe darauf achten, dass die Gläubigen jeder Konfession ihren Glauben „unmissverständlich und frei von Verwechslung“ leben könnten, und „ohne die Unterschiede auf Kosten der Wahrheit wegzuretuschieren“. Da seien tatsächlich „noch einige theologische Hindernisse aus dem Weg zu räumen“, sagt die Tübinger Professorin.

„Die Frage ist, was man in der Praxis macht. Gemeinsame Eucharistie von katholischer und evangelischer Kirche ist das große Endziel. Aber da gibt es auch noch einige Vorstufen, z.B. das Stichwort Eucharistische Gastfreundschaft. Oder, in Deutschland schon Realität, der Umgang mit konfessionsverbindenden Ehepaaren. Das sind Vorstufen, über die man auch in Deutschland konkret nachdenken muss, unabhängig davon, ob man jetzt damit seine eigene konfessionelle Position in Frage stellt oder nicht. Es käme hier auch darauf an, darauf einzugehen, was Papst Franziskus immer in den Vordergrund stellt, nämlich die Frage des barmherzigen Umgangs miteinander. Da gelte es gerade beim Thema konfessionsverbindende Ehen in Deutschland doch einige Dinge voranzubringen. Wir sind nun mal das Land auf der Welt, das ein fast paritätisches Verhältnis von evangelischen und katholischen Christen hat, dementsprechend ist das „Problem“ wirklich brennend.“

Johanna Rahner ist in ihrem Urteil, was die ökumenische Bilanz von zwei Amtsjahren von Papst Franziskus betrifft, etwas zwiespältig. Sein Bestehen auf gemeinsamem Handeln der kirchlichen Gruppen sieht sie positiv. „Etwas skeptisch bin ich, was die Inhalte angeht. Aber vielleicht ist das auch eine typisch mitteleuropäische Denkweise? Bei uns dreht sich oft alles um die theologischen Kernpunkte, wo sich schon ganze Generationen von Theologen dran abgearbeitet haben. Wir haben ja oft weniger die konkrete Praxis im Blick. Da ist Franziskus durchaus eine Herausforderung, weil er einfach mal Dinge tut, vielleicht manchmal auch ohne groß drüber nachzudenken. Da müssen mitteleuropäische Theologen manchmal auch hinterhergucken und sich überlegen, wie sie das theologisch wieder einfangen könnten.“

(domradio 11.03.2015 sk)








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