2015-03-06 14:04:00

Kardinal Kasper: „Nur der Anfang eines Anfangs“


Es ist eine Würdigung der Liturgiereform und ihres Urhebers, Papst Paul VI.: Wenn Papst Franziskus an diesem Samstag die römische Pfarrei Ognissanti besucht, feiert er an dem Ort die Messe, an dem zum ersten Mal ein Papst in Volkssprache – auf Italienisch - die Messe feierte, auf den Tag genau 50 Jahre davor. Die Kirche Ognissanti – Allerheiligen – ist die Titelkirche von Kardinal Walter Kasper, der den Papst dort auch begrüßen wird. Im Interview mit Radio Vatikan würdigt er den Besuch des Papstes dort nicht nur als Hinweis auf ein historisches Ereignis: „Das ist schon auch ein Blick in die Zukunft, der Papst bestätigt damit noch einmal die nachkonziliare Reform der Messfeier und die Feier der Muttersprache. Das ist ihm sehr wichtig und das hat er vor kurzem vor den Pfarrern von Rom ganz ausdrücklich gesagt, ‚diese Form ist die normale Form, die andere ist die außerordentliche Form und basta!‘, so hat er es gesagt. Es ist eine Bestätigung der nachkonziliaren Liturgiereform, und das ist etwas sehr Positives.“ Die Menschen wollten diese Form der Messe auch, so Kasper weiter. Nur wenige in Italien bevorzugten die so genannte tridentinische Messe, die außerordentliche Form der römischen Liturgie. Da solle man nicht autoritär sein und das auch zulassen, aber die nachkonziliare Form sei eben weltweit die normale und ordentliche Form.

„Dass man in der Muttersprache feiert, hilft den Menschen, innerlich an der Messe teilzuhaben. Latein ist ja kaum mehr bekannt, auch früher war es nur wenigen bekannt. Meine Gemeinde, wenn ich das so sagen darf, ist sehr erfreut, dass der Papst zu ihnen kommt und dort die Messe feiert.“

Kardinal Kasper weist aber noch auf ein weiteres Merkmal hin, das den Papst mit der Gemeinde – vielleicht sogar unbeabsichtigt – verbindet: „Ognissanti ist die erste Kirche, die außerhalb der alten Stadtmauern von Rom gebaut wurde. Der heilige Don Orione hat Ende des 19., Beginn des 20. Jahrhunderts bewusst eine Pastoral für die Außenbezirke von Rom entwickelt. Heute ist das zwar kein richtiger Außenbezirk mehr, aber diese Art Pastoral ist damals dort begonnen worden.“ Aber auch heute noch lerne man das katholische Rom nur in diesen Pfarreien, außerhalb der von den Touristen besuchten Innenstadt, wirklich kennen, fügt der Kardinal hinzu.

Mit dem Besuch will Papst Franziskus aber nicht nur die Liturgiereform würdigen, sondern auch ganz bewusst ihren Urheber, Papst Paul den VI. Immerhin sei die besuchte Kirche die erste, in der dieser Papst eine Messe auf Italienisch gefeiert habe. „Paul VI. ist wohl der Papst, der Franziskus am nächsten steht, das ist auch der Papst, den er als Priester erlebt hat. Da sind ganz klare inhaltliche Nähen gegeben, so sehr die Persönlichkeiten auch verschieden sind. Evangelii Nuntiandi [Schreiben von Paul VI., 1975] ist die Vorgeschichte von Evangelii Gaudium [Papst Franziskus, 2013]. Übrigens hat Paul VI. im gleichen Jahr, in dem er Evangelii Nuntiandi veröffentlicht hat, noch ein anderes Schreiben veröffentlicht, Gaudete in Domino, Freut euch im Herrn. Damit ist die Spur für Franziskus gegeben. Er zitiert auch oft die Sozialenzyklika [Paul VI. 1967, Populorum Progessio], das ist auch grundlegend geworden für Franziskus, da sind große Nähen. Ich würde auch noch die erste Enzyklika von Paul VI. nennen, über den dialogischen Charakter der Kirche, auch das ist eine Spur auf Franziskus hin.“ Franziskus wolle Papst Paul wieder zur Geltung bringen, er selber sei überzeugt, dass er einer der ganz großen Reformpäpste in der Geschichte der Kirche gewesen sei, so Kardinal Kasper. Papst Paul habe es geschafft, die Konzilsvorhaben in praktische Reformen umzusetzen, aber auch das sei nur „der Anfang eines Anfangs“ gewesen.

„Ich würde sagen, dass die ganze nachkonziliare Reform, die Paul VI. gemacht hat, auch nur ein Anfang des Umsetzens des Konzils ist. Das Konzil ist noch nicht voll verwirklicht. In vieler Hinsicht ist da noch vieles zu tun, etwa die Kollegialität oder die Synodalität der Kirche. Auch bei der Stellung der Laien in der Kirche ist noch sehr viel zu übersetzen. Ich würde auch meinen, dass das Ökumenismusdekret noch nicht zu Ende dekliniert ist. Papst Franziskus scheint mir eine neue Phase in der Konzilsrezeption zu bedeuten. Auch mit seiner Betonung der armen Kirche für die Armen.“

(rv 06.03.2015 ord)








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